Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
a) Verhältnis zu § 39 AO
Rz. 49
Zurechnung von Wirtschaftsgütern. § 39 AO gehört zu den Vorschriften des deutschen Steuerrechts, deren Anwendung § 10 Abs. 3 Satz 1 vorschreibt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 39 AO keine Missbrauchsvorschrift ist und auch nicht die Zurechnung von Einkünften regelt. Einer ausländischen Gesellschaft sind im Rahmen der Einkünfteermittlung nur Wirtschaftsgüter zuzurechnen, deren wirtschaftlicher Eigentümer sie ist. Soweit Wirtschaftsgüter einem an der ausländischen Gesellschaft beteiligten Gesellschafter wirtschaftlich zuzurechnen sind, scheiden sie aus der Einkünfteermittlung der ausländischen Gesellschaft aus. Ggf. erzielt der beteiligte Gesellschafter die mit dem Wirtschaftsgut verbundenen Einkünfte persönlich und unmittelbar.
b) Verhältnis zu § 40 AO
Rz. 50
Fiskalzwecknorm. § 40 AO findet grds. auch im Rahmen der §§ 7 ff. Anwendung. Dies muss allerdings differenziert gesehen werden. Die §§ 7 ff. setzen die Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft i.S.d. § 7 Abs. 1 voraus. Wird eine solche Gesellschaft nicht rechtswirksam gegründet, so fehlt es an einer Tatbestandsvoraussetzung des § 7 Abs. 1 mit der Folge, dass nach allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden ist, welcher Person welche Einkünfte zuzurechnen sind.
c) Verhältnis zu § 41 AO
Rz. 51
Grundsatz. § 41 AO ist im Rahmen der §§ 7 ff. anwendbar. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die von der Zwischengesellschaft abgeschlossenen Rechtsgeschäfte zivilrechtlich wirksam sind. Entscheidend ist allein, ob das mit den Rechtsgeschäften angestrebte wirtschaftliche Ergebnis eintritt und fortbesteht. Die Gründung einer ausländischen Zwischengesellschaft ist i.d.R. kein Scheingeschäft, weil sie auf längere Dauer angelegt ist. Ist die Gründung der Zwischengesellschaft aus anderen Gründen unwirksam, so stellt sich die Frage nach der Existenz eines nicht-rechtsfähigen Zweckvermögens. Diese Frage ist nach den zu § 1 KStG geltenden Grundsätzen zu beurteilen. Ggf. stellt sich auch das Problem der Beteiligung an einer ausländischen Vermögensmasse.
d) Verhältnis zu § 42 AO
Rz. 52
Grundsatz. Die Hinzurechnungsbesteuerung basiert auf der Annahme, dass eine beherrschte, ausländische Gesellschaft niedrig besteuerte, passive Einkünfte (sog. Zwischeneinkünfte) erzielt. Vor jeder Hinzurechnungsbesteuerung setzt deshalb logisch früher die Frage an, ob die Zwischengesellschaft bestimmte Zwischeneinkünfte erzielt hat oder ob die Erzielung der Zwischeneinkünfte steuerlich einer anderen Person zuzuordnen ist. Diese Frage ist nach den allgemeinen Grundsätzen des deutschen Steuerrechts unter Anwendung des § 39 Abs. 2, des § 41 und des § 42 AO zu beantworten. Daraus folgt zugleich, dass die Anwendung speziell des § 42 AO logisch vor der Hinzurechnung ansetzt. § 42 AO schließt die Hinzurechnung nicht grundsätzlich, sondern nur dann aus, wenn die Erzielung der Zwischeneinkünfte mit Hilfe des § 42 AO einer anderen Person als einer ausländischen Zwischengesellschaft zuzurechnen sein sollte. Die §§ 7 ff. schließen deshalb die Anwendung von § 42 AO denkgesetzlich nicht aus. In diesem Sinne geht § 42 AO den §§ 7 ff. vor. Die §§ 7 ff. sind keine speziellen Missbrauchsvorschriften, sie enthalten jedoch Wertungsmaßstäbe, die die Annahme eines Missbrauchs ausschließen können. § 42 AO steht zwar neben den §§ 7 ff. Daraus folgt jedoch nicht, dass jeweils die Vorschriften anzuwenden sind, aus denen sich die höhere Steuer ergibt. Dem Steuerpflichtigen steht es grundsätzlich frei, Einkunftsquellen dauerhaft auf eine Kapitalgesellschaft zu übertragen und infolgedessen eine solche "zwischenzuschalten". Darüber hinaus ist die Erzielung von Steuervorteilen im Ausland keine für § 42 AO relevante Steuerminderung.
Rz. 53
Meinungsstreit. Zu der Frage des Verhältnisses der §§ 7 ff. zu § 42 AO werden im theoretischen Ansatz sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die Finanzverwaltung spricht von einem Nebeneinander der Normen. § 42 AO soll anwendbar sein, wenn durch den Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts die §§ 7 ff. umgangen werden. Nach einer anderen Auffassung soll § 42 AO vorrangig anzuwenden sein. Nach der hier vertretenen Auffassung schließen sich die Rechtsfolgen der Vorschriften wechselseitig aus. Im Regelfall sind aber die §§ 7 ff. vorrangig anzuwenden. Zwar folgt aus der Gesetzesbegründung zum AStG in seiner Fassung v. 8.9.1972, dass dem Gesetzgeber eine Missbrauchsabwehrregelung vorschwebte. Jedoch muss von dem, was geregelt wird (Tatbestand), die Rechtsfolge der Regelung unterschieden werden. Die Hinzurechnungsbesteuerung ordnet eine Besteuerung an, aufgrund derer der unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschafter unter bestimmten Beteiligungsvoraussetzungen fiktiv so behandelt wird, als habe die beherrschte ausländische Gesellschaft ihre niedrigbesteuerten Einkünfte aus passivem Erwerb zum frühestmöglichen Zeitpunkt ausgeschüttet. Diese Vorgehensweise is...