Leitsatz
Sieht der Gesellschaftsvertrag einer GmbH & Co. KG einen Vorabgewinn der Komplementär-GmbH für die Übernahme der Geschäftsführung der KG vor, die von einem Kommanditisten der KG als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH erbracht wird, so ist der betreffende Betrag nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht der Komplementär-GmbH, sondern dem die Geschäfte führenden Kommanditisten zuzurechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob die GmbH dem Kommanditisten ein Entgelt für seine Tätigkeit schuldet.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
An der klagenden KG waren zwei Kommanditisten sowie – ohne Vermögensanteil – die Komplementär-GmbH (GmbH) beteiligt. Gesellschafter der GmbH waren ebenfalls die Kommanditisten, die die Geschäfte der GmbH und durch diese auch die der KG führten. Die GmbH erhielt für die Übernahme der Geschäftsführung und der persönlichen Haftung von der KG einen Vorabgewinn. Die Kommanditisten verzichteten gegenüber der GmbH auf ein Geschäftsführungsentgelt, entnahmen aber monatliche Beträge aus der KG.
Das FA erkannte die Leistung des Vorabgewinns an die GmbH nur in Höhe eines Betrags für die Verzinsung des Haftkapitals mit 5 % an. Den auf die Geschäftsführung entfallenden Restbetrag bezog es in die allgemeine Gewinnverteilung ein.
Die dagegen erhobene Klage hatte vor dem FG insoweit Erfolg, als die Vereinbarung des Vorabgewinns anerkannt wurde. Das FG ging lediglich von einer anderen Gewinnverteilung aus (FG Münster, Urteil vom 23.2.2018, 1 K 2201/17 F, Haufe-Index 11763198, EFG 2018, 1099).
Entscheidung
Der BFH gab der Revision des FA statt und verwies das Verfahren an das FG zurück. Nach ständiger Rechtsprechung werde die Vergütung eines Kommanditisten für die Geschäftsführung einer GmbH & Co. KG diesem als Anteil der Einkünfte aus der KG zugerechnet, unabhängig davon, ob er die Vergütung für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH unmittelbar von der KG oder von der GmbH beziehe, die ihrerseits insoweit Ersatz von der KG erhalte. Ebenso sei ein Vorabgewinn der GmbH für Geschäftsführung zu behandeln, soweit er auf die Geschäftsführung durch den Kommanditisten entfalle. Deshalb sei der auf die Geschäftsführung entfallende Vorabgewinn der GmbH hier den Kommanditisten als Gewinnanteil zuzurechnen. Dies betreffe nicht den auf die Haftungsvergütung entfallenden Vorabgewinn. Den diesbezüglichen Betrag müsse das FG noch ermitteln.
Hinweis
1. Das Urteil entzieht einem in der Praxis angewendeten "Thesaurierungsmodell" die Grundlage, mit Hilfe dessen Gewinnanteile eines Kommanditisten ohne einkommensteuerliche Belastung zur Thesaurierung in einer GmbH genutzt werden sollten.
Das Modell sieht vor, dass
- der Kommanditist zugleich Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist,
- der GmbH von der KG eine (drittübliche) Geschäftsführungsvergütung geleistet wird,
- der die Geschäfte der GmbH und der KG tatsächlich führende Doppelgesellschafter aber auf eine Geschäftsführungsvergütung verzichtet.
Zwar kann ein Nur-GmbH-Gesellschafter tatsächlich eine Thesaurierung von Gewinnen erreichen, indem er auf eine Geschäftsführungsvergütung verzichtet. Dies entspricht dem Besteuerungsregime der Kapitalgesellschaften, bei denen es auf Ebene des Gesellschafters erst im Zeitpunkt der Ausschüttung zur Besteuerung kommt.
Anders ist es aber bei Personengesellschaften, denn der Gewinn wird mit seiner Entstehung dem Gesellschafter zugerechnet. Ob der Gesellschafter auch über ihn verfügen kann, ist ohne Bedeutung.
2. Der Vorabgewinn bzw. die Vergütung der GmbH für die Geschäftsführung durch einen Kommanditisten ist deshalb dem oder den geschäftsführenden Doppelgesellschaftern zuzurechnen. Führen also – anders als im Urteilsfall – nicht alle Doppelgesellschafter die Geschäfte, erhöht sich nur der Gewinnanteil der Geschäftsführer.
3. Dies führt nicht zu einer Doppelbesteuerung des der GmbH zivilrechtlich zuzurechnenden Gewinnanteils mit ESt und KSt. Denn die Vermögensmehrung der GmbH ist aus deren Sicht als verdeckte Einlage zu behandeln, unterliegt also bei ihr nicht der KSt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.5.2020 – IV R 11/18