Leitsatz
Beihilfen im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG sind uneigennützig gewährte Unterstützungsleistungen. Leistungen, die im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erbracht werden, können danach nicht als steuerfreie Beihilfe qualifiziert werden.
Sachverhalt
Der Kläger ist als Diplom-Sozialpädagoge Leiter der Erziehungsfachstelle. Im Streitjahr lebten von den vier leiblichen Kindern des Klägers nur zwei (13 und 16 Jahre) im Haushalt des Klägers und dessen Ehefrau. Darüber hinaus wurden im Jahr 2016 drei Kinder (10, 8 und 5 Jahre alt) in der Erziehungsfachstelle des Klägers betreut. Das Finanzamt hat bei der Veranlagung für das Jahr 2016 den vom Kläger aus der Tätigkeit als Leiter der Erziehungsfachstelle erklärten Gewinn als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit berücksichtigt. Mit seiner Klage beantragt der Kläger die Anwendung des § 3 Nr. 11 EStG und verweist dabei auf BFH, Urteil v. 5.11.2014, VIII R 29/11, wonach Beihilfen, die von einer privatrechtlichen Institution für die Aufnahme von Pflegepersonen in einen Haushalt über Tag und Nacht gewährt würden, nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei seien.
Entscheidung
Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Es vertritt die Auffassung, dass die von dem Kläger erbrachte Betreuung von Kindern im Rahmen eines Austauschgeschäfts gegen Entgelt erfolgt und daher nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerbefreit sei, weil das Entgelt deutlich über den Ersatz der entstandenen Aufwendungen hinausgehe und zu rund 75 % auf Personalkosten und nur zu 25 % auf Sachkosten entfalle. Außerdem stehe nicht die unentgeltliche Übernahme der Betreuungsverpflichtung im Vordergrund, sondern das Tätigkeitsein mit Entgelterzielungsabsicht, da die Zahlungen für die Aufnahme der zu betreuenden Kinder die wesentliche Erwerbs- und Einkommensgrundlage des Klägers und seiner Ehefrau darstellten. Nach der Rechtsprechung des BFH seien die Bezüge für die Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII zwar grundsätzlich nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei zu stellen, nicht aber Zahlungen an sonstige betreute Wohnformen im Sinne § 34 SGB VIII, die als Einrichtungen einen Rahmen für die Betreuung bieten würden. Im Streitfall handele es sich um eine Einrichtung in einem Privathaushalt, welche nach Auffassung des FG eine sonstige Wohnform im Sinne des § 34 SGB VIII darstelle.
Hinweis
Da trotz der vorhandenen Grundsätze aus der BFH-Rechtsprechung noch unklar sei, wie eine Abgrenzung in Grenzfällen zwischen Vollzeitpflege einerseits und Unterbringung in einem Heim andererseits zu erfolgen habe, hat das FG die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Die Revision ist derzeit anhängig, Az beim BFH VIII R 29/11. Vergleichbare Fälle sollten daher durch einen Einspruch offengehalten werden.
Link zur Entscheidung
FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 13.10.2022, 4 K 931/20