Kommentar
Will ein Steuerzahler einen von mehreren Geschäftszweigen aufgeben, wird er im Zweifel die hierfür eingesetzten Wirtschaftsgüter veräußern. Für die entstehende steuerliche Belastung macht es einen Unterschied aus, ob ein laufender, nicht tarifbegünstigter Gewinn entsteht oder ob die tarifbegünstigte Veräußerung eines Teilbetriebs angenommen werden kann. Eine neue Entscheidung des BFH macht deutlich, daß insoweit strenge Maßstäbe anzulegen sind. Nicht nur muß der bisherige Betrieb durch entsprechende organisatorische Trennung in mehrere Teilbetriebe gegliedert gewesen sein; Voraussetzung ist außerdem, daß sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Teilbetriebs in einem Akt veräußert oder ins Privatvermögen überführt werden. Das gilt auch, wenn nur einzelne Räume eines Grundstücks für diesen Teilbetrieb genutzt worden sind, der Grundstücksanteil für diesen Teilbetrieb aber zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehört hat ( Betriebsveräußerung ).
Im Urteilsfall hatte die Klägerin auf einem eigenen Grundstück sowohl einen Groß- als auch einen Einzelhandel betrieben. Wegen einer weitgehenden organisatorischen Trennung (u. a. getrennte Kundenkreise, getrennte Buchführung, getrennte Arbeitnehmerschaften und getrennte Transportmittel) waren zwei Teilbetriebe anzunehmen. Als die Klägerin den Teilbetrieb „Einzelhandel” verkaufte, überführte sie den bisher hierfür genutzten Grundstücksteil in den Bereich des Großhandels. Der BFH führte aus, wenn dieser Grundstücksteil, wie im Regelfall anzunehmen, als wesentliche Betriebsgrundlage des Einzelhandels anzusehen war, liege keine Veräußerung eines (vollständigen) Teilbetriebs, sondern lediglich die Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter vor.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.02.1996, VIII R 39/92
Anmerkung: Wenn ein Einzelunternehmer in einem derartigen Fall den Grundstücksteil, der bisher dem Einzelhandel diente, in sein Privatvermögen überführt und privat nutzt, z. B. durch Vermietung, liegt eine tarifbegünstigte Aufgabe des Teilbetriebs vor. Soll in anderen Fällen der ermäßigte Steuersatz für die aufgedeckten stillen Reserven gerettet werden, ist es nötig, das Grundstück in Teil- bzw. Wohnungseigentum aufzuteilen und den Grundstücksteil, der bisher dem Einzelhandel diente, mitzuveräußern. Ggf. kann dieser Grundstücksteil, wenn er für Zwecke des Großhandels genutzt werden soll, von dem Erwerber angemietet werden. Ein weiterer Lösungsweg könnte darin liegen, vor einer Veräußerung den Einzelhandel, ggf. nach Abstimmung mit dem vorgesehenen Erwerber, in neue Räume zu verlegen und erst angemessene Zeit später zu veräußern, ggf. zusammen mit den neuen Betriebsräumen.