I. Bedingte Rechtsgeschäfte i.S.d. bürgerlichen Rechts und des Bewertungsrechts
Rz. 4
Bedingung i.S.d. bürgerlichen Rechts ist die einem Rechtsgeschäft beigefügte Bestimmung, durch die seine Rechtswirkungen von einem zukünftigen ungewisen Ereignis abhängig gemacht werden. Aus dieser Begriffsbestimmung ergibt sich, dass unter dem Begriff der Bedingung im bürgerlichen Recht nur die rechtsgeschäftliche Bedingung zu verstehen ist. Das gilt auch für das Bewertungsrecht. Im Urteil v. 10.5.1972 vertrat der BFH zwar die Auffassung, dass der Begriff der Bedingung im Steuerrecht sich nicht nur auf rechtsgeschäftliche Vereinbarungen beschränken könne; denn sonst wären bedingte Steuerschulden undenkbar, weil in Bezug auf öffentlich-rechtliche Abgaben rechtsgeschäftliche Vereinbarungen über ihre Wirkung nicht in Betracht kommen. Daran ist zutreffend, dass es im Steuerrecht nicht nur rechtsgeschäftliche Bedingungen gibt, wie sich z.B. aus § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO ergibt. Eine andere Frage ist, ob in §§ 4–8 BewG nur rechtsgeschäftliche Bedingungen bzw. Befristungen gemeint sind. Das wird man angesichts der Verbindung mit §§ 158 ff. BGB wohl bejahen müssen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, §§ 4–8 BewG auf gesetzliche oder durch Verwaltungsakt gesetzte Bedingungen entsprechend anzuwenden, wenn die Sachverhalte mit rechtsgeschäftlichen Bedingungen bzw. Befristungen vergleichbar sind.
Rz. 5
Der Zeitpunkt für den Eintritt der zukünftigen Ereignisse kann gewiss (z.B. Erlangung der Volljährigkeit) oder ungewiss (z.B. Verheiratung) sein. Das die Bedingung darstellende künftige Ereignis können Handlungen, Unterlassungen, und zwar der Parteien selbst oder Dritter, und auch sonstige Begebenheiten rein tatsächlicher oder rechtsgeschäftlicher Art sein. Dieses Ereignis kann von dem Willen einer Vertragspartei (Potestativbedingung), vom Lauf der Dinge, auch dem Willen eines Dritten (zufällige Bedingung) oder von beiden (gemischte Bedingung) abhängig sein.
Eine Potestativbedingung ist z.B. die Ausübung einer Option (Ankaufsrecht) im Rahmen eines Erbbauvertrags oder die Kündigung. Eine Potestativbedingung ist allerdings nur dann eine Bedingung im Rechtssinn, wenn nicht die Entstehung des Rechtsgeschäfts, sondern seine Wirksamkeit von einer noch ungewissen Entschließung eines der Beteiligten abhängt. So handelt es sich z.B. auch um eine Potestativbedingung bei der Abrede, dass eine bestimmte Rechtswirkung davon abhängen soll, dass bestimmte Schulden getilgt werden.
Rz. 6
Zur Unterscheidung von der (echten) Potestativbedingung wird als Wollensbindung häufig jene Bestimmung bezeichnet, durch die in das freie Belieben einer Partei gestellt ist, ob sie an die rechtsgeschäftliche Erklärung gebunden sein soll oder nicht. Wer sich nur für den Fall verpflichtet, dass er wollen wird, verpflichtet sich i.d.R. nicht. Begrifflich ist es bedeutungslos, ob die Bedingung zu ihrer Erfüllung eine Veränderung – bejahende Bedingung – oder eine Nichtveränderung – verneinende Bedingung – des bestehenden Zustandes voraussetzt.
II. Rechtsnatur bedingter Rechtsgeschäfte
Rz. 7
Das Rechtsgeschäft selbst ist bindend nach allgemeinen Regeln. Es ist tatbestandlich vollendet und voll gültig wie das unbedingte; nur die gewollten Wirkungen sind bedingt. Die Bedingung führt zu einem Schwebezustand, während dessen die endgültige Rechtslage noch nicht feststeht. Der Schwebezustand besteht bis zum Eintritt oder Ausfall der Bedingung.
Rz. 8
Der bedingt für die Zukunft vorgesehene Rechtszustand hat auch in der Schwebezeit verschiedene Wirkungen. So ist das bedingte Recht, das beim bedingt Berechtigten als Anwartschaftsrecht bezeichnet wird, übertragbar und vererblich. Der bedingte Anspruch kann durch Vormerkung, Bürgschaft, Hypothek und Pfand gesichert werden, als Grundlage für einen Arrest, für die Feststellungsklage sowie eine Klage auf künftige Leistung dienen. Das bedingte Recht ist auch pfändbar und bei der Grundstücksversteigerung zu berücksichtigen. Außerdem erzeugt das Rechtsgeschäft Nebenwirkungen, z.B. Treuepflichten (§§ 160–162 BGB).
III. Uneigentliche Bedingungen
Rz. 8.1
Mitunter werden in Verträgen Umstände als Bedingung bezeichnet, die keine Bedingungen im Rechtssinne sind. Es sind dies die sog. uneigentlichen Bedingungen. Uneigentliche Bedingungen sind z.B.:
1. Vergangenheits- und Gegenwartsbedingung
Rz. 9