1. Allgemeines
Rz. 15
Die Vorschrift des § 158 BGB über die aufschiebende und auflösende Bedingung lautet:
„Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Wirkung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.
Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.”
Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass durch die aufschiebende und auflösende Bedingung nur die Rechtsfolgen des Rechtsgeschäfts betroffen sind, nicht dessen Entstehung.
Rz. 16
Im bürgerlichen Recht wie im Bewertungsrecht besteht weder eine Rechtsvermutung noch eine bestimmte allgemeine Auslegungsregel zugunsten der aufschiebenden wie der auflösenden Bedingung. Es muss nach den Umständen des Einzelfalles beurteilt werden, ob die Bedingung eine aufschiebende oder eine auflösende ist. Eine Auslegung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist nicht möglich.
2. Wirkung der aufschiebenden und auflösenden Bedingung
Rz. 17
Bei der aufschiebenden Bedingung ist das Rechtsgeschäft sofort wirksam. Die beabsichtigte Rechtsfolge tritt aber erst mit dem Eintritt der Bedingung ein, wobei zu unterscheiden ist, ob die Bedingung nur das schuldrechtliche oder auch das dingliche Rechtsgeschäft erfasst. Erst der Eintritt der Bedingung hat den Eintritt der Wirkung des Rechtsgeschäfts zur Folge, und zwar vom Zeitpunkt des Eintritts ab. Aus dem zunächst nur bedingt erworbenen Recht ist nunmehr das unbedingte geworden. Fällt die Bedingung ganz aus, so verliert das Rechtsgeschäft seine Wirksamkeit und der Erwerber jede Rechtsanwartschaft.
Rz. 18
Allerdings können die Vertragsparteien vereinbaren, dass die bedingten Rechtswirkungen auf einen Zeitpunkt vor dem Eintritt der Bedingung zurückbezogen werden. Die Beteiligten sind dann schuldrechtlich verpflichtet, einander so zu stellen, als sei die Bedingung früher eingetreten (§ 159 BGB). Diese schuldrechtliche Rückbeziehung ist bewertungsrechtlich unbeachtlich, weil §§ 4 ff. BewG entgegenstehen.
Rz. 19
Bei der auflösenden Bedingung tritt die beabsichtigte Rechtsfolge sofort ein. Das unter einer auflösenden Bedingung veräußerte Wirtschaftsgut geht deshalb mit der Veräußerung in das Eigentum des Erwerbers über, und der Veräußerer verliert das Eigentum. Tritt die auflösende Bedingung ein, so endigt die Wirkung des Rechtsgeschäfts; es tritt ohne weiteres, und zwar vom Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung ab, der frühere Rechtszustand wieder ein (§ 158 Abs. 2 BGB). Der Erwerber verliert das Eigentumsrecht; dieses steht wieder dem Veräußerer zu. Fällt die Bedingung aus, so wird das Recht des auflösend Berechtigten ein endgültiges. Soll das Recht oder das Wirtschaftsgut mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung an einen Dritten übergehen oder an den Veräußerer zurückfallen, so steht der Erwerb des Dritten oder des Veräußerers aus seiner Sicht hinter einer aufschiebenden Bedingung: Er erwirbt erst mit Eintritt der Bedingung. Was bei dem einen auflösend ist, ist bei dem anderen aufschiebend.
3. Eintritt und Ausfall der Bedingung
Rz. 20
Eingetreten ist die Bedingung – aufschiebende wie auflösende –, sobald der Tatbestand, der als Bedingung gesetzt ist, voll und ganz vollzogen ist. Das ist der Fall bei der bejahenden Bedingung, sobald das Ereignis eingetreten ist, bei der verneinenden Bedingung, sobald feststeht, dass das Ereignis nicht eintreten kann. Ausgefallen ist die Bedingung, wenn sich der fragliche Tatbestand nicht mehr vollziehen kann. Das ist der Fall bei der bejahenden Bedingung, sobald die Möglichkeit des Eintritts des fraglichen Ereignisses vereitelt ist, bei der verneinenden Bedingung, sobald das Ereignis eingetreten ist (z.B. Verheiratung), von dessen Nichteintritt die Wirkung des Rechtsgeschäfts abhängig gemacht worden ist.