Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 23
Das neue Bewertungsrecht für den Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer enthält einige wesentliche Änderung gegenüber dem vorher für Zwecke der Grunderwerbsteuer und der Erbschaftsteuer geltenden Recht.
Rz. 24
Die Eigentumsverhältnisse werden stärker hervorgehoben. Damit wird der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in erster Linie nur von den Wirtschaftsgütern gebildet, die dem Betriebsinhaber tatsächlich gehören. In fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter werden nicht mehr unmittelbar in die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit einbezogen.
Rz. 25
Entgegen den bisherigen Regelungen sind künftig auch Schulden und Verbindlichkeiten in die Bewertung mit einzubeziehen, soweit das hiermit korrespondierende Wirtschaftsgut in der wirtschaftlichen Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erfasst worden ist. Folglich orientiert sich die Bewertung künftig am Reinvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes.
Rz. 26
Insgesamt neu gestaltet wurde die Wertermittlung für den Wirtschaftsteil. Diese weicht ganz erheblich von den bekannten Verfahren bei der "klassischen" Einheitsbewertung und bei der inzwischen aufgehobenen Bewertung für Zwecke der Grunderwerbsteuer ab (siehe Rz. 14). Das Verfahren besteht jetzt aus drei Komponenten, die auf unterschiedliche Art und zum Teil auch nach Anlass zur Anwendung kommen. Auch das neue Grundsteuerrecht sieht geänderte Bewertungskriterien für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb vor.
Rz. 27
Das Grundprinzip besteht in der Ermittlung des sog. Fortführungswertes. Dieser Wert wird nach dem Ertragswertverfahren ermittelt, wobei jedoch nicht der individuell ermittelte Reinertrag, sondern ein durch § 163 Abs. 1 und 2 BewG vorgegebener Reingewinn mit einem Faktor von 18,6 zu Grunde gelegt wird. Unterste Grenze des Fortführungswertes ist der Mindestwert, Obergrenze der individuell ermittelte gemeine Wert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes.
Rz. 28
In der Praxis wird sich zumindest bei Klein- und Mittelbetrieben unter Berücksichtigung der Anlage 14 zum BewG i.d.R. ein negativer Fortführungswert ergeben. Da dies jedoch nicht zulässig ist, kommt hier der Mindestwert zum Tragen. Dieser beträgt im Regelfall 0 EUR und führt daher bereits auf der Ebene der Bewertung zu keinem der Erbschaft- oder Schenkungsteuer unterliegenden Wert.
Rz. 29
Wird die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftliche Betriebes oder ein Anteil daran innerhalb eines Zeitraumes von 15 Jahren veräußert oder dienen wesentliche Wirtschaftsgüter innerhalb dieses Zeitraumes nicht mehr auf Dauer einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, so ist an Stelle des Fortführungswertes nachträglich der Liquidationswert i.S. des § 166 BewG zu ermitteln. Die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes wird in diesen Fällen also rückwirkend neu bewertet. Die Einbeziehung eines sog. Nachbewertungsvorbehaltes ist ein besonderes Gestaltungsinstrument des Gesetzgebers und als solches nur im Rahmen der Bewertung land- und forstwirtschaftlichen Vermögens zu beachten.
Rz. 30
Diese Rechtsfolge kann jedoch vermieden werden, wenn der Verkaufserlös des Betriebes oder wesentlicher Wirtschaftsgüter innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten nach Veräußerung zum Erwerb eines anderen Betriebes oder im betrieblichen Interesse verwandt wird. Die Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ist der Veräußerung nicht gleichgestellt; das gilt zumindest so lange, wie nicht die Betriebsaufgabe erklärt wurde.
Rz. 31
Im Ergebnis wird auch der Liquidationswert in den seltensten Fällen zu einer Erbschaft- oder Schenkungsteuer führen. Dies gilt erst recht unter Berücksichtigung der Tatsache, dass auf dem Betrieb lastende Verbindlichkeiten bei der Ermittlung des Liquidationswertes mindernd berücksichtigt werden.
Rz. 32
Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich dieser Neuregelung wird auf die Ausführungen in Rz. 5 bis 9 verwiesen.