Leitsatz
Löst ein Steuerpflichtiger seine Darlehensschuld vorzeitig ab, um sein bisher vermietetes Objekt lastenfrei übereignen zu können, so kann er die dafür an den Darlehensgeber zu entrichtende Vorfälligkeitsentschädigung auch dann nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, wenn er mit dem Kredit Aufwendungen finanziert hatte, die während der Vermietungstätigkeit als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilen waren.
Normenkette
§§ 9, 21 EStG
Sachverhalt
Die Kläger erwarben 1997 im Weg der Erbfolge ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück, das die Erblasserin selbst 1974 von ihrem Ehemann geerbt hatte. Das von ihr zur Finanzierung von Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen und zur Ablösung eines Hypothekendarlehens aufgenommene und 1996 ausgezahlte Darlehen führten die Kläger im Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung im Jahr 1999 zurück; die dafür an die Bank zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung machten sie in ihrer Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Streitjahr 1999 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Das FA lehnte dies ab. Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte zum Teil Erfolg. Das FG berücksichtigte den Teil der Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung, der dem Anteil der mit dem Darlehen tatsächlich bezahlten Erhaltungsaufwendungen an dem Gesamtdarlehen entsprach. Hiergegen richtet sich die Revision des FA.
Entscheidung
Der BFH hat die FG-Entscheidung aufgehoben und die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Vorfälligkeitsentschädigung stehe nicht mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung in wirtschaftlichem Zusammenhang, sondern allein mit der Änderung des Darlehensvertrags, für die nur die einkommensteuerrechtlich unerhebliche beabsichtigte Veräußerung des Grundstücks ursächlich gewesen sei.
Hinweis
1. Die zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung steht, wenn sie – wie auch im Streitfall – durch die Grundstücksveräußerung veranlasst ist, ebenso wie andere Veräußerungskosten mit dem nicht steuerbaren Vermögensbereich in Zusammenhang (BFH, Urteil vom 19.2.2002, IX R 36/98, BFH-PR 2002, 287). Dementsprechend werden bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb solche Vorfälligkeitsentschädigungen zu den Veräußerungskosten i.S.v. § 16 Abs. 2 EStG gerechnet, die den laufenden Gewinn unberührt lassen (BFH, Urteil vom 18.10.2000, X R 70/97, BFH/NV 2001, 440).
2. Wird mit der Entschädigung ein Darlehen abgelöst, mit dem während der Vermietungstätigkeit als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilende Aufwendungen finanziert worden sind, kann nichts anderes gelten. Denn der Zusammenhang der Entschädigung mit der Kündigung des Kredits im Interesse einer lastenfreien – und einkommensteuerrechtlich unerheblichen – Übertragung des Grundstücks tritt an die Stelle der Veranlassung der Kreditaufnahme durch die frühere Einkunftsart (BFH, Beschluss vom 3.8.2001, IX B 32/01, BFH/NV 2002, 21); die Vorfälligkeitsentschädigung ist ausschließlich Rechtsfolge der auf vorzeitige Kreditablösung gerichteten Änderung des Kreditvertrags (BGH, Urteil vom 1.7.1997, XI ZR 267/96, BGHZ 136, 161).
Diese vertragliche Vereinbarung ist auch steuerrechtlich das "auslösende Moment" für die Zahlung. Sie hängt mit der nicht steuerbaren Veräußerung des Grundstücks zusammen; denn die Verpflichtung des Darlehensgebers, in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen, besteht gerade dann, wenn für eine beabsichtigte Grundstücksveräußerung eine Ablösung des Kredits und der damit zusammenhängenden grundpfandrechtlichen Belastung erforderlich ist (so BGH in BGHZ 136, 161).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.9.2003, IX R 20/02