Die Vorgesetztenbeurteilung bedeutet die Umkehr der traditionellen Mitarbeiterbeurteilung: Während bei der Mitarbeiterbeurteilung immer die jeweils übergeordnete Führungskraft ihre Mitarbeiter oder die ihr unterstellten Führungskräfte beurteilt, beurteilen bei der Vorgesetztenbeurteilung die Geführten ihre direkten Vorgesetzten.
Die Umkehr der Beurteilungsrichtung mag für viele Betroffene und Beteiligte (Unternehmensleitung, Führungskräfte und Mitarbeiter) wie ein revolutionärer Schritt erscheinen. Dies gilt vor allem in den Fällen, in denen die Mitarbeiterbeurteilung (auch) als "Herrschafts-" oder "Disziplinierungsinstrument" angesehen und eingesetzt wird.
Soweit von den Ergebnissen der Beurteilung die berufliche Förderung und Entwicklung abhängen, die Folgen Weiterbeschäftigung oder Entlassung bedeuten können oder einen Teil der Vergütung bestimmen, hat der Beurteilende Einfluss auf persönliche Schicksale. Sollte hierzu eine gegenläufige Bewegung in Form einer Aufwärtsbeurteilung entstehen, würde zwar ein gewisser Ausgleich geschaffen. Es darf jedoch bezweifelt werden, ob unter solchen Vorzeichen eine Vorgesetztenbeurteilung die erwünschten Fortschritte in der Führung und Zusammenarbeit bringt.
Wichtige Voraussetzungen für jede Art erfolgreicher Beurteilung sind ein gutes Betriebsklima und ein Vertrauensverhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern aller Ebenen. Wo eine solche "Vertrauenskultur" herrscht und wo ein traditionelles Mitarbeiter-Beurteilungssystem (in Form vom gleichberechtigten, vertrauensvollen Mitarbeitergespräch) funktioniert, bestehen gute Voraussetzungen, auch eine Vorgesetztenbeurteilung einzuführen und erfolgreich zu praktizieren. Hierbei kann die Vorgesetztenbeurteilung eine Bestätigung oder eine Korrektur der Beurteilung "von oben" ergeben. (Konsequenterweise sollte die Aufwärtsbeurteilung ebenfalls über mehrere Stufen erfolgen.) Die jeweils Geführten beurteilen ihre Vorgesetzten anders als diese von ihren Vorgesetzten gesehen werden.
Feedback-Aspekt in den Mittelpunkt rücken
Wenn bei Ihnen im Betrieb Mitarbeiterbeurteilungen bereits unter dem Titel (und der Philosophie) "Mitarbeitergespräche/Mitarbeiterfeedback" laufen, behalten Sie diese empfehlenswerte Praxis bitte unbedingt bei und übertragen Sie diese auch auf das Thema "Vorgesetztenbeurteilung". Denn: im Mittelpunkt steht das Feedback – und die Möglichkeit, zu lernen bzw. besser zu werden – nicht aber die Fehler/Leistungsdefizite! Gelingt es den Führungskräften, diesen Grundsatz glaubwürdig zu vermitteln, wird jegliche Art vom Feedbacksystem erfolgreich sein.