LfSt Rheinland-Pfalz v. 4.5.2015, S 0338/S 2293/S 1900 A - St 33 3/St 35 1
Anrechnung ausländischer Steuern (§ 34c EStG);
Umsetzung des EuGH-Urteils vom 28.2.2013 in der Rechtssache C-168/11
1. Allgemeines
Der EuGH hatte mit Urteil vom 28.2.2013 in der Rechtssache C-168/11 „Beker & Beker”, (Vorabentscheidungsersuchen des BFH im zwischenzeitlich durch BFH-Urteil vom 18.12.2013 erledigten Revisionsverfahren – I R 71/10, BFHE 244 S. 331) entschieden S. dass die Methode zur Berechnung des Höchstbetrags für die Anrechnung ausländischer Steuer auf die deutsche Einkommensteuer nach § 34c Absatz 1 Satz 2 EStG gegen Artikel 63 AEUV verstößt. Bei dieser Berechnungsmethode würden Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen als Kosten der persönlichen Lebensführung sowie der personen- und familienbezogenen Umstände des Steuerpflichtigen nicht vollständig berücksichtigt, da für die Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags der ausländischen Steuer die Summe der Einkünfte zugrunde gelegt wird.
Mit dem Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 22.12.2014 (Zollkodex-Anpassungsgesetz, BGBl 2014 I S. 2417, BStBl 2015 I S. 58) wurden § 34c Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 1. Halbsatz EStG bereits geändert und dem o.g. EuGH-Urteil vom 28.2.2013 Rechnung getragen.
Das BMF-Schreiben vom 30.9.2013, IV B 3 – S 2293/09/10005-04, mit dem bis zu dieser gesetzlichen Umsetzung des EuGH-Urteils Regelungen zu einer diesbezüglich vorläufigen Steuerfestsetzung getroffenen wurden, wird nun mit BMF-Schreiben vom 4.5.2015, IV B 3 – S 2293/09/10005-04/S 1900/07/10107-45 (Dok 2015/0295660) aus Gründen der Rechtsklarheit aufgehoben. Der entsprechende Vorläufigkeitsvermerk wird im sog. Vorläufigkeitskatalog gestrichen. Darüber hinaus sind im BMF-Schreiben vom 4.5.2015 Hinweise zur Änderung der vorläufigen Steuerfälle, zur Abarbeitung von diesbezüglichen Einspruchsverfahren auf Basis der § 34c Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 1. Halbsatz EStG n.F. sowie zur Aussetzung der Vollziehung enthalten.
2. Technische Umsetzung
Hinweise zur technischen Umsetzung der Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks und zum Einsatzzeitpunkt ergehen noch in einer gesonderten Kurzinfo. Danach bitte ich um Beachtung des BMF-Schreibens vom 4.5.2015 und Wiederaufnahme der Fallbearbeitung.
3. Abhilfe im Falle vorläufiger Steuerfestsetzungen und Abarbeitung erledigungsfähiger Einsprüche
Bei vorläufigen Einkommensteuerfestsetzungen ist – bis zum 31.12.2017 (§ 171 Abs. 8 Satz 2 AO) – von Amts wegen zu prüfen, ob nun unter Berücksichtigung der geänderten Berechnungsmodalitäten des § 34c Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 1. Halbsatz EStG n.F. eine Verminderung der bisher festgesetzten Einkommensteuer eintritt. Dies ist der Fall, wenn nun zusätzlich Kosten der persönlichen Lebensführung sowie der personen- und familienbezogenen Umstände Berücksichtigung finden können (Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG, Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG, Sonderausgaben gem. §§ 10, 10a, 10b, 10c EStG, außergewöhnliche Belastungen gem. §§ 33 bis 33b EStG und/oder berücksichtigte Freibeträge für Kinder gem. §§ 31, 32 Absatz 6 EStG, Grundfreibetrag § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG). Die entsprechenden Steuerfälle sind nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO zur Minderung der Einkommensteuer zu ändern. Tritt keine Steuerminderung ein, ist regelmäßig nichts zu veranlassen (Ausnahme: Antrag auf Endgültigkeitserklärung nach § 165 Abs. 2 Satz 4 AO).
Die gleiche Prüfung hinsichtlich einer möglichen Abhilfe ist auch bei zulässigen Einspruchsverfahren gegen Einkommensteuerfestsetzungen anzustellen. Sofern sich nach der Prüfung keine Steuerminderung ergibt, ist der Einspruch (insoweit) zurückzuweisen.
Hinweis zur DB-Rb:
Entsprechende Einsprüche können Sie in der Datenbank für Rechtsbehelfe auf der Registerkarte Ruhensmanagement z.B. im Bereich Rechtsfragen BFH/BVerfG durch eine Suche über das Az. I R 71/10 oder unter den freien Ruhensgründen mit der differenzierten Suche nach den Az. I R 71/10 bzw. C-168/11 abfragen.
Normenkette
AO 1977 § 165 Abs. 1
EStG § 34 c