OFD Koblenz, Verfügung v. 10.7.1997, S 0338, S 0622 A - St 533

Anmerkung

Anmerkung der Redaktion: Dieses BMF-Schreiben ist überholt. Vgl. nunmehr BMF, Schreiben vom 3.7.1998, BStBl 1998 I S. 876.

Die AO-Referatsleiter des Bundes und der Länder haben hinsichtlich einer vorläufigen Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Musterverfahren § 165 Abs. 1 AO) bzw. einem Ruhenlassen von außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren § 363 Abs. 2 AO) wegen

  1. a) Verfassungsmäßigkeit des ab 1996 geltenden Kinderfreibetrags
  2. b) Verfassungsmäßigkeit des Arbeitnehmer-Pauschbetrags nach § 9 a Nr. 1 EStG
  3. c) Verfassungsmäßigkeit des Ansatzes einer zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG
  4. d) Verfassungsmäßigkeit des Höchstbetrags der außergewöhnlichen Belastungen bei Haushaltshilfen bzw. Heimunterbringungen § 33 a Abs. 3 EStG) und
  5. e) Verfassungsmäßigkeit der Neuregelungen des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG – doppelte Haushaltsführung – sowie des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG und des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG – häusliches Arbeitszimmer –

das Folgende beschlossen:

 

Zu a)

Die Referatsleiter AO stellten fest, daß zur Zeit keine Rechtsgrundlage dafür besteht, ESt-Festsetzungen hinsichtlich des ab 1996 geltenden Kinderfreibetrags vorläufig durchzuführen, da zu dem ab 1996 neu geregelten Familienleistungsausgleich bisher kein Verfahren bei einem der in § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO genannten Gerichte anhängig ist. Sie beschlossen aber, hinsichtlich des ab 1996 geltenden Kinderfreibetrags Vorläufigkeitserklärungen durchzuführen, sobald ein einschlägiges Gerichtsverfahren an den BFH oder das BVerfG gelangt. Hierfür soll es ggf. auch ausreichen, wenn das Gerichtsverfahren nicht den Kinderfreibetrag, sondern das Kindergeld betrifft. Einspruchsverfahren zur Verfassungsmäßigkeit des ab 1996 geltenden Kinderfreibetrags können nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO ruhen. Eine Allgemeinverfügung nach § 363 Abs. 2 Satz 3 AO wurde von den Referatsleitern AO für nicht erforderlich gehalten.

 

Zu b)

Das BVerfG hat auf den Vorlagebeschluß des FG Rheinland-Pfalz vom 2.11.1992 (EFG 1993, 85) durch Beschluß vom 10.4.1997, 2 BvL 77/92 entschieden, daß die Abschaffung des Weihnachts- und des Arbeitnehmer-Freibetrages durch das Steuerreformgesetz 1990 verfassungsgemäß war. Der Tenor dieser Entscheidung lautet: „Artikel 1 Nummer 20 des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25.7.1988 (BGBl 1988 I S. 1093) ist mit dem Grundgesetz vereinbar”.

Zur Frage, ob § 9 a Nr. 1 EStG deshalb gegen die Verfassung verstößt, weil Arbeitnehmer begünstigt werden, die vom Arbeitgeber steuerfrei oder pauschal versteuerten Werbungskostenersatz erhalten, ist noch das Normenkontrollverfahren 2 BvL 20/93 (Vorlagebeschluß des BFH vom 19.2.1993, VI R 74/91, BStBl 1993 II S. 551) anhängig. Daher und weil der Beschluß des BVerfG vom 10.4.1997 nicht[1] zu § 9 a Nr. 1 EStG, sondern zu Art. 1 Nr. 20 des StRefG 1990 ergangen ist, wurde beschlossen, ESt-Festsetzungen auch weiterhin hinsichtlich des Arbeitnehmer-Pauschbetrags für vorläufig zu erklären.

 

Zu c)

Die Referatsleiter AO schlossen sich dem Vorschlag des BMF an, bis zu einer abschließenden Entscheidung im Revisionsverfahren VI R 277/94 ESt-Festsetzungen weiterhin auch hinsichtlich der Höhe der zumutbaren Belastung § 33 Abs. 3 EStG) vorläufig durchzuführen.

 

Zu d)

Es wurde festgestellt, daß sich die Vorläufigkeitserklärung nach Nr. 8 des „Vorläufigkeitskatalogs” (Verfassungsmäßigkeit der Höchstbeträge nach § 33 a Abs. 3 EStG) allenfalls auf das Revisionsverfahren III R 31/90 stützen kann, wobei es als fraglich angesehen wurde, ob dieses Verfahren überhaupt die Vorschrift des § 33 a Abs. 3 EStG betrifft.

Eine Einsichtnahme in die vorinstanzliche Entscheidung (FG Rheinland-Pfalz vom 14.9.1989, 6 K 30/87) ergab, daß in diesem Verfahren nicht die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 33 a Abs. 3 EStG, sondern die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 33 c EStG (bzw. der Nichtabziehbarkeit von Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten) aufgeworfen wird. Im Streitfall hatte der KI., ein verwitweter Stpfl. mit 3 minderjährigen Kindern, in seiner ESt-Erklärung zunächst geltend gemacht, daß die Aufwendungen für eine Aufsichtsperson (Haushaltshilfe) in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig sind. Nachdem das FA die Aufwendungen für die Haushaltshilfe als Kinderbetreuungskosten i.S. des § 33 c EStG im Rahmen der dort festgelegten Höchstbeträge berücksichtigte, wurde im Klageverfahren vorgetragen, daß § 33 c EStG den Vorgaben des BVerfG nicht gerecht werde. Das FG hielt im Streitfall die Höchstbetragsregelung des § 33 c Abs. 3 EStG für verfassungskonform.

Da nach der Beilage 1/1997 zum BStBl 1997 II vom 17.4.1997 Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit des § 33 a Abs. 3 EStG offensichtlich weder beim BFH noch beim BVerfG anhängig sind, wurde beschlossen, Nr. 8 des „Vorläufigkeitskatalogs” (i.d.F des BMF-Schreibens vom 13.12.1996, IV A 4 - S 0338 - 34/96, BStBl 1996 I S. 1466) zu streichen.

 

Zu e)

Es wurde für beide Fälle kein Bedarf für eine Vo...

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