Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Das FG Düsseldorf legt dem EuGH eine Frage zur Kapitalverkehrsfreiheit in der Europäischen Union vor. Fraglich ist, ob die Gewährung nur des Freibetrags für beschränkt Steuerpflichtige bei einer Schenkung unter deutschen Staatsangehörigen, die seit Jahrzehnten im EU-Ausland wohnen, gegen das EU-Recht verstößt.
Sachverhalt
Die Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und wohnt seit Jahrzehnten in den Niederlanden. Ihre ebenfalls in den Niederlanden lebende Mutter, die auch deutsche Staatsangehörige ist, übertrug der Tochter ein in Deutschland belegenes Grundstück. Das Finanzamt bewertete das Grundstück mit dem Grundbesitzwert nach § 138 ff. BewG und zog bei der Berechnung der Schenkungsteuer den persönlichen Freibetrag für beschränkt Steuerpflichtige nach § 16 Abs. 2 ErbStG in Höhe von 1.100 EUR ab. Die Klägerin begehrte hingegen den persönlichen Freibetrag als Tochter nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG in Höhe von 205.000 EUR. Das Finanzamt lehnte den Antrag wegen der beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ab.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat das Verfahren ausgesetzt und den EuGH um Vorabentscheidung gebeten. Das Gericht sieht in der Versagung des Freibetrags nach § 16 Abs. 1 ErbStG eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit. Für eine unterschiedliche Behandlung zwischen beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen sieht das Gericht bei der Übertragung eines im Inland belegenen Grundstücks keinen Grund. Nach Auffassung des Senats dürfte die Situation eines unbeschränkt steuerpflichtigen Erwerbers, dem ein im Inland belegenes Grundstück zugewendet worden ist, und eines beschränkt steuerpflichtigen Erwerbers, dem ebenfalls ein im Inland belegenes Grundstück zugewendet worden ist, objektiv vergleichbar sein.
Hinweis
Zur Vorsicht sollten alle Verfahren, in denen einem Erwerber bei einem Erwerb von Todes wegen oder bei einer Schenkung unter Lebenden nur der persönliche Freibetrag als beschränkt Steuerpflichtiger nach § 16 Abs. 2 ErbStG von 1.100 EUR (ab 1.1.2009: 2.000 EUR) gewährt wurde, offen gehalten werden. Der BFH hatte zwar in einem Urteil (v. 21.9.2005, II R 56/03) bestätigt, dass Unterschiede bei der Gewährung der persönlichen Freibeträge für beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtige gemacht werden könne, ob der EuGH hier einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit sieht, bleibt aber abzuwarten.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2008, 4 K 2226/08 Erb