Die Vorschläge der Europäischen Kommission zur ViDA zielen u.a. darauf ab, schrittweise bis 2028 transaktionsbasierte digitale Meldepflichten (in nahezu Echtzeit) einzuführen, die auf einer verpflichtenden elektronischen Rechnungstellung nach einem neuen einheitlichen Format basieren. Diese Maßnahmen sollen neben der Betrugsbekämpfung einer Verminderung der Kosten für Umsatzsteuer-Compliance dienen. Dieser Zweck mag teilweise erreicht werden, vor allem insofern die neuen Regelungen für eine Vereinheitlichung der betroffenen Rechnungstellung und Meldepflichten innerhalb der EU sorgen. Insoweit die Mitgliedstaaten allerdings von der ihnen zukünftig eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen werden, digitale Meldepflichten auch für lokale Umsätze einzuführen, wäre im Ergebnis statt einer Erleichterung eher mit einem zusätzlichen Compliance-Aufwand für umsatzsteuerrechtliche Pflichten zu rechnen. In seiner Stellungnahme zu ViDA bemerkt der Bundesrat, dass die Einführung eines verpflichtenden digitalen Meldesystems auf der Grundlage standardmäßiger elektronischer Rechnungsstellung für die Wirtschaft und die Verwaltung mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden seien.
Es zeichnen sich zudem bereits jetzt eine Reihe von Unklarheiten bzw. Abgrenzungsfragen ab, etwa zu der Einhaltung der sehr kurzen Rechnungstellungs- und Meldefristen und den Konsequenzen verspäteter Meldungen, etwa für die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen, bei der Verlagerung der Steuerschuld und im Hinblick auf innergemeinschaftliche Erwerbe.
Zudem erscheint der von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Zeitplan zur Einführung einer digitalen Meldepflicht bis 2028 sehr ambitioniert. Sollten die Mitgliedstaaten den Vorschlägen zu ViDA zustimmen, müssten sie – nach den aktuellen Vorschlägen – die notwendigen Rechtsänderungen bereits zum 1.1.2024 in nationales Recht umsetzten. Zudem müssten dann alle erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten aber auch der betroffenen Steuerpflichtigen bis 2028 im erforderlichen Umfang umgesetzt werden.
Während der Bundesrat das Ziel der Europäischen Kommission, die Mehrwertsteuervorschriften an die Anforderungen des digitalen Zeitalters anzupassen, grundsätzlich begrüßt, äußert er sich teilweise kritisch zu den einzelnen Maßnahmen. So erhebt der Bundesrat durchaus substantielle Bedenken zu dem Vorhaben, für Fälle der kurzfristigen Vermietung und der Personenbeförderung, die über eine Plattform vermittelt werden, eine steuerpflichtige Leistung der Plattform an Endverbraucher zu unterstellen. Auch sieht der Bundesrat die mit ViDA vorgesehene Ausweitung der Lieferkettenfiktion auf alle Lieferungen, die über eine Plattform erbracht werden, als zu weitgehend an. Auf diese weiteren Maßnahmen der Europäischen Kommission, d.h. die Änderungen bzgl. der Plattformwirtschaft und auch der einzigen Mehrwertsteuerregistrierung, werden wir in einem nachfolgenden zweiten Beitrag näher eingehen.