Nach derzeitiger Rechtslage sieht die MwStSystRL nur eine Meldepflicht im Rahmen der sog. ZM vor. Die Mitgliedstaaten müssen schon seit Beginn des Binnenmarkts – statt der früheren Grenzkontrollen – nach Art. 262 ff. MwStSystRL mit einer ZM von den jeweils in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Unternehmern bestimmte Daten zu innergemeinschaftlichen Lieferungen und Dreiecksgeschäften erheben. Die bestehenden Regelungen weisen – in Bezug auf deren Tauglichkeit hinsichtlich der Betrugsbekämpfung – bestimmte Mängel auf, da nur aggregierte Werte pro Umsatzart und Meldezeitraum gemeldet werden müssen, ein Abgleich mit Daten aus Erwerben nicht möglich ist, da die Meldung innergemeinschaftlicher Erwerbe nach der MwStSystRL für Mitgliedstaaten optional ist und weniger als die Hälfte der Mitgliedstaaten diese Pflicht eingeführt hat und unterschiedliche Einreichungsintervalle (Kalendermonat, Kalendervierteljahr, gegebenenfalls Kalenderjahr) einen Abgleich zusätzlich erschweren.
Dennoch wurde im Rahmen der Einführung der sog. Quick Fixes zum 1.1.2020 der ZM durch die Europäische Kommission eine wichtige Bedeutung im Rahmen der Betrugsbekämpfung beigemessen. So sollte die Aufnahme der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers der Gegenstände in das Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem (MIAS) äußerst wichtig sein, um den Ankunftsmitgliedstaat über das Vorhandensein der Gegenstände in seinem Hoheitsgebiet zu informieren, und sei "daher ein Schlüsselelement der Betrugsbekämpfung in der Union". Aus diesem Grund sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht gelten solle, wenn der Lieferer seiner Verpflichtung zum Eintrag in das MIAS nicht nachgekommen sei, es sei denn, der Lieferer handele in gutem Glauben, d.h., er könne alle seine Versäumnisse in Bezug auf die ZM gegenüber den zuständigen Steuerbehörden hinreichend begründen.
Nur wenige Jahre später scheint die Europäische Kommission nun zu einer anderen Bewertung hinsichtlich der Sinnhaftigkeit der ZM gekommen sein, wenn sie feststellt, dass "das derzeitige Meldesystem für innergemeinschaftliche Umsätze (in der Mehrwertsteuerrichtlinie als „zusammenfassende Meldungen"bezeichnet) den Mitgliedstaaten keine wirksame Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug im Zusammenhang mit diesen Umsätzen” ermöglicht. Unter dem Eindruck dieser neu gewonnenen Erkenntnis, möchte die Europäische Kommission zum 1.1.2028 auf Basis der elektronischen Rechnung eine transaktionsbasierte digitale Meldepflicht in nahezu Echtzeit für innergemeinschaftliche Umsätze einführen, welche die bisherige ZM ersetzen wird. Auf diese Weise sollen schneller qualitative Informationen auf Umsatzbasis erlangt werden können, welche in die Risikoanalyse-Systeme der Mitgliedstaaten einfließen und diesen helfen soll, Mehrwertsteuerbetrug im innergemeinschaftlichen Handel – insbesondere innergemeinschaftlichen Missing-Trader-Betrug – zu bekämpfen.
Zu diesem Zweck wird in Titel XI der MwStSystRL das Kapitel 6, in dem bisher die ZMen geregelt wurden, künftig die digitalen Meldepflichten zum Gegenstand haben. Der neue Abschnitt 1 bezieht sich auf die digitalen Meldepflichten für innergemeinschaftliche Umsätze. Die neuen digitalen Meldepflichten sollen im Wesentlichen für dieselben innergemeinschaftlichen Umsätze gelten, die bisher Gegenstand der ZM waren, mit Ausnahme der Konsignationslagerregelung, die zukünftig abgeschafft werden soll. Zusätzlich unterliegt jede erbrachte Dienstleistung, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat der Ansässigkeit des Dienstleistungserbringers steuerpflichtig ist, künftig auch den digitalen Meldepflichten. D.h. die neuen digitalen Meldepflichten erfassen die folgenden Umsätze:
- jede innergemeinschaftliche Lieferung sowie jede innergemeinschaftliche Verbringung von Gegenständen,
- jeder innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen,
- jede erbrachte Dienstleistung, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat der Ansässigkeit des Lieferers bzw. des Dienstleistungserbringers steuerpflichtig ist.
Einreichungsintervall: Nach aktueller Rechtslage müssen für die ZM aggregierte Werte auf Monatsebene (gegebenenfalls auch für einen längeren Zeitraum) innerhalb einer Frist von höchstens einem Monat gemeldet werden. Der neu gefasste Art. 263 MwStSystRL-E wird die wesentlichen Merkmale des neuen digitalen Meldesystems regeln. So müssen für jeden von der neuen digitalen Meldepflicht erfassten innergemeinschaftlichen Umsatz die Daten spätestens zwei Werktage nach Ausstellung der Rechnung oder, wenn der Steuerpflichtige seiner Pflicht zur Ausstellung einer Rechnung nicht nachkommt, zwei Tage nach dem Datum, an dem die Rechnung auszustellen war, übermittelt werden. Die Daten können entweder vom Steuerpflichtigen oder von einem Dritten für Rechnung des Steuerpflichtigen übermittelt werden.
Adressat der digitalen Meldung: Die Daten müssen auf elektronischem Wege an de...