Diesem von der Europäische Kommission wahrgenommenen Wettbewerbsnachteil traditioneller Beherbergungsbetriebe und Taxiunternehmen soll durch die Einführung einer fiktiven Leistungskette im Rahmen der zweiten Stufe der Maßnahmen zum 1.1.2025 entgegengewirkt werden.
Plattformbetreiber wird fiktiver Dienstleistungserbringer: Zu diesem Zweck soll die mehrwertsteuerrechtliche Funktion geändert werden, die Plattformen bei der Erhebung der Mehrwertsteuer zukommt. Für Zwecke der Mehrwertsteuer sollen diese zu "fiktiven Dienstleistungserbringern" werden. Im Rahmen dieses Modells sollen Plattformbetreiber verpflichtet werden, Mehrwertsteuer in Rechnung zu stellen – sofern diese dann für ihre nunmehr eigene fiktive Dienstleistung geschuldet wird –, und zwar dann, wenn der eigentliche Erbringer der Dienstleistung keine Mehrwertsteuer ausweist, weil es sich z.B. um einen Kleinunternehmer handelt.
D.h. nach der geplanten Neuregelung sollen Steuerpflichtige, die
- die Kurzzeitvermietung von Unterkünften oder
- die Erbringung von Dienstleistungen der Personenbeförderung
- durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle, beispielsweise einer Plattform, eines Portals oder dergleichen, unterstützen,
so behandelt werden, als hätten sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht.
Wann "unterstützt" die Plattform? Um ein gewisses Maß an Rechtssicherheit in Bezug auf den Anwendungsbereich der Regelung des fiktiven Lieferers/Dienstleistungserbringers zu schaffen, wird der Begriff "unterstützen" definiert. Der Begriff "unterstützen" soll die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle bezeichnen, um es einem Dienstleistungsempfänger und einem Dienstleistungserbringer, der über eine elektronische Schnittstelle Dienstleistungen der Kurzzeitvermietung von Unterkünften oder der Personenbeförderung anbietet, zu ermöglichen, in Kontakt zu treten, woraus die Erbringung einer dieser Dienstleistungen über die elektronische Schnittstelle resultiert.
Nicht erfasste Dienstleistungen: Demgegenüber soll keine Unterstützung i.S.d. Art. 28a MwStSystRL-E vorliegen, wenn der Steuerpflichtige
- weder unmittelbar noch mittelbar irgendeine der Bedingungen für die Erbringung der Dienstleistungen festlegt und
- weder unmittelbar noch mittelbar an der Autorisierung der Abrechnung mit dem Dienstleistungsempfänger bezüglich der getätigten Zahlungen beteiligt ist und
- weder unmittelbar noch mittelbar an der Erbringung der Dienstleistungen beteiligt ist.
Ferner soll die fiktive Leistungskette nicht zur Anwendung kommen, wenn der Steuerpflichtige lediglich eine der folgenden Leistungen anbieten:
- die Verarbeitung von Zahlungen im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienstleistungen der Kurzzeitvermietung von Unterkünften oder der Personenbeförderung;
- die Auflistung von Dienstleistungen der Kurzzeitvermietung von Unterkünften oder der Personenbeförderung oder die Werbung für diese;
- die Weiterleitung oder Vermittlung von Dienstleistungsempfängern an andere elektronische Schnittstellen, über die Dienstleistungen der Kurzzeitvermietung von Unterkünften oder der Personenbeförderung angeboten werden, ohne dass eine weitere Einbindung in die Dienstleistungserbringung besteht.
Kurzzeitvermietung von Unterkünften: Nach dem zum 1.1.2025 neu eingefügten Art. 135 Abs. 3 MwStSystRL gilt die ununterbrochene Vermietung von Unterkünften für höchstens 45 Tage mit oder ohne Erbringung anderer Nebendienstleistungen als Tätigkeit mit ähnlicher Zielsetzung wie das Hotelgewerbe. Mit dieser Regelung möchte die Europäische Kommission für Gleichbehandlung und Kohärenz hinsichtlich der Anwendung der neuen fiktiven Leistungskette sorgen. Denn nach den Beobachtungen der Europäischen Kommission berufen sich einige Mitgliedstaaten auf Art. 135 Abs. 2 MwStSystRL, um eine Mehrwertsteuerbefreiung auf die Kurzzeitvermietung von Unterkünften anzuwenden, während andere dies nicht tun würden.
Status des Dienstleistungserbringers: Die fiktive Leistungskette knüpft an den Status des Dienstleistungserbringers (Vermieters/Fahrers) an. Voraussetzung für die Anwendung der neuen fiktiven Leistungskette ist, dass es sich bei dem Erbringer der Dienstleistungen um
- eine nichtansässige Person, die nicht für Mehrwertsteuerzwecke in einem Mitgliedstaat erfasst ist,
- eine nichtsteuerpflichtige Person,
- eine steuerpflichtige Person, die nur Lieferungen von Gegenständen bewirkt oder Dienstleistungen erbringt, für die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht,
- eine nichtsteuerpflichtige juristische Person,
- eine steuerpflichtige Person, die die gemeinsame Pauschalregelung für Landwirte in Anspruch nimmt, oder
- eine steuerpflichtige Person, die die Sonderregelung für Kleinunternehmen in Anspruch nimmt,
handelt.
Bestimmung des Status des Dienstleistungserbringers: Da die Anwendung der fiktiven Leistungskette vom Status des Dienstleistungserbringers abhängt, soll die Neuregelung nur dann Anwendung finden, wenn der Dienstleistungserbringer dem Plattformbetreiber keine gültige Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer mitteil...