[Ohne Titel]
RA Michael Connemann, LL.M. / RA Jochen Meyer-Burow, LL.M.
Die Europäische Kommission hat am 8.12.2022 eine Vielzahl von Maßnahmen zur "Mehrwertsteuer im Digitalen Zeitalter" vorgeschlagen, um das aktuelle Mehrwertsteuersystem der EU zu modernisieren und den Mehrwertsteuerbetrug einzudämmen. Diese beiden vorgenannten Anliegen sollen im Wesentlichen durch die Verwirklichung der folgenden drei Ziele erreicht werden: 1. Einführung digitaler Meldepflichten basierend auf einer elektronischen Rechnungstellung für grenzüberschreitende Umsätze; 2. Aktualisierung der Mehrwertsteuervorschriften für die "Plattformwirtschaft" (der Begriff der "Plattformwirtschaft" bezieht sich in diesem Zusammenhang auf Dienstleistungen, die über eine Plattform erbracht werden; COM(2022) 701 final v. 8.12.2022) zur Erhebung der Umsatzsteuer für Unterkünfte und Verkehrsmittel; und 3. Einführung einer einzigen Mehrwertsteuerregistrierung zur Vermeidung von mehrfachen Mehrwertsteuerregistrierungen. Die Änderungen sollen über vier Stufen verteilt ab dem 1.1.2024, 1.1.2025, 1.1.2026 und 1.1.2028 eingeführt werden. In diesem Beitrag werden wir zunächst einen kurzen Überblick über sämtliche vorgeschlagenen Maßnahmen geben und dann näher auf die Vorstellungen der Europäischen Kommission zur Modernisierung der Meldepflichten durch Einführung digitaler Meldepflichten eingehen. In einem nachfolgenden zweiten Beitrag werden wir die beiden weiteren Maßnahmen der Europäischen Kommission darstellen (d.h. die Änderungen bzgl. der Plattformwirtschaft und der einzigen Mehrwertsteuerregistrierung).
1. Einleitung
Am 8.12.2022 hat die Europäische Kommission einen Reformvorschlag des aktuellen Mehrwertsteuersystems im Rahmen der Initiative "ViDA" veröffentlicht. Der Vorschlag besteht aus
- einer geplanten Änderung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL),
- einer geplanten Änderung der Durchführungsverordnung zur Mehrwertsteuer und
- einer geplanten Änderung der Verordnung zur Verwaltungszusammenarbeit bei der Mehrwertsteuer.
Damit die Änderungen in Kraft treten können, müssen die Mitgliedstaaten diesen zunächst zustimmen. Sollten die Vorschläge angenommen werden, ergeben sich erhebliche Veränderungen nicht nur für Steuerpflichtige, sondern auch für die Finanzverwaltung.
Nach Einschätzung der Europäischen Kommission ist das derzeitige Mehrwertsteuersystem nach wie vor anfällig für "Betrug". Auch werde das Mehrwertsteuersystem – trotz der zentralen Bedeutung dieser Steuer für die Haushaltspolitik – durch suboptimale Methoden der Mehrwertsteuererhebung und -kontrolle beeinträchtigt. So beziffert die Europäische Kommission die Einnahmenverluste als Folge einer suboptimalen Mehrwertsteuererhebung und -kontrolle für das Jahr 2020 auf insgesamt 93 Mrd. EUR, wobei ein erheblicher Teil durch innergemeinschaftlichen Missing-Trader-Mehrwertsteuerbetrug verursacht werde. Zudem sei das derzeitige Mehrwertsteuersystem für Unternehmen nicht nur zunehmend komplex, sondern es sei die Einhaltung der umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften mit immer größerem Aufwand für diese verbunden. Vor allem aber seien die 30 Jahre alten Mehrwertsteuervorschriften für den grenzüberschreitenden Handel nicht für eine Geschäftstätigkeit im digitalen Zeitalter geeignet.
Die vorgenannten Bewertungen des derzeitigen Mehrwertsteuersystems durch die Europäische Kommission haben diese dazu veranlasst, Überlegungen darüber anzustellen, wie Technologie genutzt werden könne, um den Verwaltungsaufwand und die damit verbundenen Kosten für die Unternehmen zu verringern und gleichzeitig Steuerbetrug zu bekämpfen. Zur Umsetzung dieser Überlegungen hat die Europäische Kommission die im nächsten Gliederungspunkt kurz dargestellten Ziele formuliert.
2. Übersicht über die vorgeschlagenen Maßnahmen
a) Einführung einer digitalen Meldepflicht – elektronischen Rechnungstellung
Keine Gleichwertigke...