Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Eine den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zulassende ordnungsgemäße Rechnung liegt nur dann vor, wenn die zutreffende Steuernummer (oder USt-IdNr.) des leistenden Unternehmers angegeben ist.
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb ein Fuhrunternehmen ohne eigene Mitarbeiter. Sie schloss mit zwei Subunternehmern (GmbH) Verträge zur Kooperation ab. Die Rechnungen der beiden Subunternehmer enthielten teilweise keine Steuernummer oder USt-IdNrn., teilweise waren (nach Feststellungen der USt-Sonderprüfung) unzutreffende Anschriften der leistenden Unternehmer in den Rechnungen angegeben. In einzelnen Rechnungen waren die Steuernummern der Gesellschafter, nicht aber der Gesellschaft angegeben. Die Finanzverwaltung kam deshalb zu dem Schluss, dass es sich bei den Subunternehmern um Scheinfirmen handeln würde und versagte der Klägerin den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen. Dagegen richtet sich die Klage.
Entscheidung
Das Gericht hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG setzt eine ordnungsgemäße Rechnung voraus, die in den vorliegenden Fällen jeweils nicht vorlagen.
Das Gericht sah für die Versagung des Vorsteuerabzugs verschiedene Gründe. Soweit unzutreffende Anschriften angegeben waren oder die Steuernummern bzw. USt-IdNrn. fehlten, war der Vorsteuerabzug wegen einer nicht ordnungsgemäßen Rechnung i.S.d. § 14 Abs. 4 UStG zu versagen.
Darüber hinaus wurde der Vorsteuerabzug auch in den Fällen verwehrt, in denen in den Rechnungen anstelle der Steuernummern der Gesellschaft die Steuernummer des Gesellschafters mit angegeben war. Nach Auffassung des Gerichts kommt es für die Steuerfestsetzung nicht darauf an, ob die Klägerin die unzutreffenden Angaben hätte erkennen können (BFH, Urteil v. 2.9.2010, V R 55/09, BStBl 2011 II S. 235).
Das Gericht verweist in seiner Entscheidung darauf, dass in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug wegen unzutreffender Rechnungsangaben nicht vorliegen, der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz des Vertrauensschutzes nur aus Billigkeitsgründen erreichen kann. Die Grundsätze des Vertrauensschutzes können danach aber nicht im Rahmen der Steuerfestsetzung, sondern nur aufgrund der besonderen Verhältnisse des Einzelfalls im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme Berücksichtigung finden. Das Gericht sah es aber als zweifelhaft an, ob dies in diesem Fall Erfolg haben würde, da es fraglich ist, ob im Hinblick auf die angegebene falsche Steuernummer ein schutzwürdiges Vertrauen besteht, wenn beispielsweise auf Grund anderer Erkenntnisse hätte festgestellt werden können, dass der leistende Unternehmer die umsatzsteuerrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt und möglicherweise betrügerische Absichten hat.
Hinweis
Zutreffend ist das Gericht davon ausgegangen, den Vorsteuerabzug zu versagen, wenn falsche Anschriften der leistenden Unternehmer in den Rechnungen angegeben sind oder wenn die Steuernummern oder die USt-IdNrn. fehlten. Insbesondere, da aus den weiteren Rahmenbedingungen ersichtlich war, dass die Subunternehmer wahrscheinlich Scheinunternehmer waren. Insoweit kommen auf den Steuerpflichtigen erhöhte Sorgfaltspflichten zu.
Ob das FG Hamburg mit seiner allgemeinen Aussage aber richtig liegt, dass es bei der Angabe der Steuernummer in der Rechnung nicht darauf ankommen kann, ob der Leistungsempfänger dies erkennen kann oder nicht, muss doch bezweifelt werden. Insbesondere, wenn eine abweichende Steuerfestsetzung im Billigkeitswege in Zweifel gezogen wird. Grundsätzlich muss dabei gesehen werden, dass ein Unternehmer auch bei der Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns die Richtigkeit der Steuernummer nicht prüfen kann und ihm die Steuerverwaltung eine Prüfung regelmäßig verwehrt. Auch der Hinweis auf das Urteil des BFH (BFH, Urteil v. 2.9.2010, V R 55/09, BStBl 2011 II S. 235) ist dabei nicht zielführend, da es sich in dem damals entschiedenen Fall um eine offensichtlich nicht mögliche Steuernummer handelte.
Allerdings ist der hier vorliegende Fall nicht geeignet, den Vertrauensschutz eines Unternehmers in die Richtigkeit einer in einer Rechnung angegebenen Steuernummer zu thematisieren, da aus den gesamten Rahmenbedingungen doch ersichtlich war, dass zumindest erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Ausführung der Leistungen vorliegen.
Gegen das Urteil des Finanzgerichts ist Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt worden (Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az beim BFH XI B 108/12).
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 28.06.2012, 2 K 196/11