1. Sachverhalt
Der Entscheidung des FG Nürnberg lag folgender Sachverhalt (verkürzt und auf die wesentlichen Punkte beschränkt) zugrunde:
Durch Unternehmenskaufvertrag verkaufte die bisherige Organträgerin, eine GmbH & Co KG (Veräußerin), die alleinige Gesellschafterin der B war, ihre Beteiligung an der B (überwiegend) an die Beteiligungsgesellschaft H (Erwerberin). Eine Option zur Umsatzsteuerpflicht erfolgte nicht.
Für den Verkauf hatte die Veräußerin Beratungsleistungen und Leistungen eines Notars in Anspruch genommen. Aus den für diese Leistungen gestellten, den Erfordernissen des § 14 Abs. 4 UStG entsprechenden Rechnungen, wurde der Vorsteuerabzug geltend gemacht.
Im Rahmen einer später durchgeführten Außenprüfung wurde der Vorsteuerabzug versagt. Als Begründung führte das Finanzamt an, dass der Anteilsverkauf nicht im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen erfolgt sei. Die Erwerberin sei nicht in die Mietverträge eingetreten, die bei der Klägerin die umsatzsteuerrechtliche Organschaft begründet hätten.
Im Klageverfahren machte die Veräußerin geltend, bei der Veräußerung der Geschäftsanteile an der B handele es sich um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (§ 1 Abs. 1a UStG). Der Vorsteuerabzug sei daher gerechtfertigt.
2. Verfahrensgang
Mit Urt. v. 2.5.2018 wies das FG Nürnberg (FG Nürnberg v. 2.5.2018 – 2 K 309/16) die Klage in der ersten Instanz ab. Der Vorsteuerabzug für die Beratungsleistungen sei nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen, da es sich um eine steuerbefreite Anteilsveräußerung handele.
In der Revisionsentscheidung hob der BFH das Urteil des FG Nürnberg auf und wies die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung im zweiten Rechtszug an das FG Nürnberg zurück (§ 126 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 FGO). Dies wurde wie folgt begründet: Zwar sei das FG Nürnberg zu Recht davon ausgegangen, dass nach der neueren Rechtsprechung des EuGH die Inhaberschaft von Anteilen an einem Unternehmen (im Gegensatz zur Inhaberschaft von Vermögenswerten dieses Unternehmens) an sich nicht hinreiche, um eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortführen zu können. Daher scheide bei isolierter Betrachtung der Veräußerung der Anteile eine Geschäftsveräußerung aus, weil eine Beteiligung an einem Unternehmen kein "hinreichendes Ganzes" i.S. eines Teilvermögens sei.
Allerdings habe das FG ungeprüft gelassen, ob zwischen der Erwerberin und der B eine Organschaft bestehe. Läge eine Organschaft vor, könne die Beteiligung an der B ein Teilvermögen und damit die Veräußerung eine Geschäftsveräußerung sein.
Der BFH verwies daher die Sache an das FG zurück, damit die tatsächlichen Feststellungen zum Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft noch getroffen werden können.
3. Verfahrensabschließende Entscheidung des FG Nürnberg
Verfahrensabschließend fasste das FG Nürnberg nochmals einleitend die zuvor von der Rechtsprechung des EuGH und BFH entwickelten Grundsätze wie folgt zusammen:
a) Übertragung von Gesellschaftsanteilen nicht ausreichend
Allein die Inhaberschaft von Anteilen an einem Unternehmen reiche – im Gegensatz zur Inhaberschaft von Vermögenswerten dieses Unternehmens – nicht aus, um eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortführen zu können.
Die bloße Veräußerung von Anteilen (share deal) ohne gleichzeitige Übertragung von Vermögenswerten versetze den Erwerber nicht in die Lage, eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit als Rechtsnachfolger des Veräußerers fortzuführen. Damit komme eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht in Betracht.
b) Übertragung von Gesellschaftsanteilen, die eine selbständige wirtschaftliche Betätigung ermöglichen
Anders sei es aber, wenn die übertragene Beteiligung unmittelbare oder mittelbare Eingriffe in die Verwaltung der Gesellschaft ermögliche, an der die Beteiligung übertragen wird. Dabei müssten die Eingriffe die Durchführung von Transaktionen einschließen, die der Mehrwertsteuer unterliegen. In diesem Fall liege ein selbständiger Geschäftsbereich vor, der im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen übertragen werden könne. Voraussetzung sei allerdings, dass die Tätigkeit vom Erwerber entsprechend fortgeführt wird.
c) Besonderheiten bei einer fortbestehenden Organschaft
Auch bei einer Organschaft reiche – wie das FG Nürnberg klarstellt – der bloße Erwerb von Anteilen an einer Organgesellschaft grds. nicht aus um eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit des veräußernden bisherigen Organträgers fortführen zu können.
Etwas anderes gelte jedoch bei der Übertragung von Anteilen an einer Organgesellschaft, wenn zwischen dem Anteilserwerber und der bisherigen Organgesellschaft (weiterhin) eine umsatzsteuer...