Leitsatz
Die Vereinbarung von Mindestlizenzgebühren kann zu Teilleistungen führen, die auch ohne Entgeltentrichtung zum Vorsteuerabzug berechtigen.
Normenkette
§ 15 UStG, §§ 71, 370 AO
Sachverhalt
Der Erwerb von Lizenzen im Dezember 2000 für ein bestimmtes Produkt, für das eine jährliche Mindestlizenzgebühr und zusätzlich eine verkaufsabhängige Gebühr vereinbart waren, erwies sich schon im März als ein Flop, und die GmbH kündigte den Vertrag. In der USt-Voranmeldung für Dezember (im Februar) machte der Geschäftsführer die Vorsteuer für die Mindestlizenzgebühr geltend; in der Jahreserklärung für 2000 (März 2003) berichtigte er den Vorsteuerabzug. Die GmbH meldete 2004 Insolvenz an. Das FA nahm den Geschäftsführer nach § 71 AO in Haftung (arg. Vorsteuerabzug im Dezember falsch; Berichtigung zu spät). Das FG bestätigte die Annahme einer unzutreffenden Anmeldung (FG München, Urteil vom 7.7.2011, 14 K 1355/08, Haufe-Index 3253207, EFG 2012, 1901).
Entscheidung
Die Revision hatte Erfolg. Die GmbH hatte zu Recht die Vorsteuer für eine Teilleistung im Dezember geltend gemacht. Die Voraussetzungen für eine Vorsteuerberichtigung lagen erst im Folgejahr vor, nachdem ein Patentanwalt die Wertlosigkeit des Patents entdeckt und die GmbH darauf sofort den Vertrag gekündigt hatte. Die Vorsteuerberichtigung in der USt-Jahreserklärung 2000 war nicht erforderlich. Diese Erklärung der GmbH war zwar falsch, aber zu ihren Ungunsten. Denn erst 2001 hatte sie von der Wertlosigkeit erfahren und gekündigt. Mit der Erklärung selbst war daher keine Steuer verkürzt worden. Ob die Nichtzahlung der festgesetzten Steuer zu einer Haftung des Geschäftsführers führte, steht auf einem andern Blatt. Das FA hatte die Haftung jedoch nur auf § 71 AO (Steuerverkürzung) gestützt.
Ein Auswechseln des Haftungstatbestandes wäre jedoch nur bis zum Ergehen der Einspruchsentscheidung möglich gewesen.
Hinweis
Die Entscheidung enthält 3 wesentliche Aussagen:
1. Zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG berechtigen auch Teilleistungen. Teilleistungen liegen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird: z.B. bei Mietverträgen, wenn Leistungen in monatliche Zahlungs- und Leistungsabschnitte untergliedert sind und durch die monatlichen Zahlungsaufforderungen oder -belege konkretisiert werden. Das gilt auch für Mindestlizenzgebühren, für die gesonderte Entgeltvereinbarungen vorliegen.
2. Dem Vorsteuerabzug steht nicht entgegen, dass eine Leistung wirtschaftlich wertlos war und der Lizenzgeber möglicherweise in Betrugsabsicht gehandelt hat, wenn dies für den Leistungsempfänger auch bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht erkennbar ist.
3.Die Beurteilung, ob eine objektive Steuerverkürzung durch eine Steuererklärung vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach dem materiellen Steuerrecht. Nicht entscheidend ist, dass ein bestandskräftiger Steuerbescheid der unzutreffenden Beurteilung des Steuerpflichtigen folgt. Davon zu unterscheiden ist, dass die Nichtzahlung einer im bestandskräftigen Steuerbescheid festgesetzten Steuer unabhängig davon, ob die Steuer zutreffend festgesetzt ist, einen Haftungstatbestand erfüllen kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.4.2013 – V R 19/12