Anmerkungen zum Entwurf eines BMF-Schreibens vom 25.10.2022
[Ohne Titel]
StB Wendelin Liebgott
Kurz vor Jahresende hat sich die Finanzverwaltung in zwei BMF-Schreiben umfangreich zur Vorsteuer-Aufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG und zur Vorsteuer-Berichtigung nach § 15a UStG in Folge der EuGH- und BFH-Rechtsprechung der zurückliegenden Jahre geäußert. Zum Vorsteuer-Abzug und zur Vorsteuer-Aufteilung unter den besonderen Verhältnissen bei der öffentlichen Hand fehlten bisher außer einigen allgemein gehaltenen Hinweisen weitergehende Erläuterungen. Diese Lücke füllt der Entwurf eines neuen BMF-Schreibens vom 25.10.2022 vor dem vorgesehenen Inkrafttreten des § 2b UStG.
I. Einführung
Juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) können unternehmerisch i.S.d. UStG tätig sein, wie jede andere natürliche oder juristische Person auch. Ihre Unternehmereigenschaft war in § 2 Abs. 3 a.F. UStG geregelt. Diese Vorschrift entsprach nicht dem Unionsrecht, wurde aber vom BFH unionsrechtskonform ausgelegt. Die erforderliche Neuregelung erfolgte, indem § 2 Abs. 3 UStG aufgehoben und durch § 2b UStG ersetzt wurde. Die Änderungen traten am 1.1.2017 in Kraft. Der Gesetzgeber gewährte jedoch eine Übergangsfrist. Danach konnte eine jPöR bis zum 31.12.2016 gegenüber dem Finanzamt erklären, dass sie altes Recht für ihre sämtlichen nach dem 31.12.2016 und vor dem 1.1.2021 ausgeführten Leistungen weiterhin anwendet. Nur ganz wenige jPöR haben davon keinen Gebrauch gemacht und § 2b UStG bereits sofort angewendet. Durch das (erste) Corona-Steuerhilfegesetz wurde für die jPöR, die von der Option Gebrauch gemacht und sie zwischenzeitlich nicht widerrufen hatten, die Übergangsfrist um zwei Jahre bis zum 31.12.2022 verlängert. Kurz vor Ablauf der Frist, im November 2022, wurde der Wunsch nach einer Fristverlängerung um weitere zwei Jahre, bis zum 31.12.2024, ins Gesetzgebungsverfahren für das JStG 2022 eingebracht. In dieser Fassung wurde das Gesetz verabschiedet.
Die Finanzverwaltung hat zur Übergangsregelung mit BMF-Schr. v. 19.4.2016 und zu Anwendungsfragen des § 2b UStG mit BMF-Schr. v. 16.12.2016 Stellung bezogen. Letzteres enthält zum Vorsteuerabzug insbesondere umfangreiche Regelungen zu Leistungsbezügen im Optionszeitraum vom 1.1.2017 bis 31.12.2020. Ansonsten findet sich lediglich die Aussage, dass der Vorsteuerabzug ausscheidet, wenn die jPöR Leistungen für ihren nichtunternehmerischen Bereich bezieht. Dies wird mit dem nun vorliegenden Entwurf konkretisiert. Dieser ist im Internet auf der Webseite des BMF frei zugänglich.
II. Sphären, Leistungsbezüge und ihre Zuordnung
1. Zuordnung von Leistungsbezügen
Der Entwurf betont zu Recht, dass für den Vorsteuerabzug einer jPöR grundsätzlich keine anderen Regelungen gelten wie für andere Unternehmer. Diese werden in Rz. 3–9 des Entwurfs, mit Blick auf die Anwendung bei jPöR, dargelegt.
Zu unterscheiden ist bei einer jPöR wie bei anderen Unternehmern zwischen der umsatzsteuerlich relevanten Betätigung im unternehmerischen Bereich, die unter den Voraussetzungen des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, und der nichtunternehmerischen Betätigung, für die ein Vorsteuerabzug grundsätzlich ausscheidet. Bei letzteren kann es sich entweder um unternehmensfremde Tätigkeiten, wie z.B. Entnahmen für den privaten Bedarf des Personals, oder um nichtwirtschaftliche Tätigkeiten im engeren Sinne (i.e.S.) handeln. Letztere umfassen bei jPöR insbesondere den hoheitlichen Bereich, soweit er nicht nach § 2b UStG als unternehmerisch anzusehen ist. In Rz. 4. – 7 wiederholt der Entwurf diesbezüglich die allgemeinen Grundsätze:
- Abziehbar sind danach nur Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen für das Unternehmen der jPöR.
- Eingangsleistungen sind für das Unternehmen bezogen, wenn und soweit die jPöR diese im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt.
- Zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung muss nach dem objektiven Inhalt der bezogenen Leistung ein direkter und...