Leitsatz
1. Über das Recht auf Vorsteuerabzug ist bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu entscheiden (Grundsatz des "Sofortabzugs").
2. Bezieht ein Treuhänder im Namen und für Rechnung seines Auftraggebers Leistungen, so ist, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen, der Vertretene zum Vorsteuerabzug berechtigt.
3. Äußerungen, tatsächliche und rechtliche Feststellungen in einem Prüfungsbericht sind für die Veranlagungsstelle nicht verbindlich; sie enthalten insbesondere keine Zusagen oder Verständigungen.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG
Sachverhalt
Der Kläger war anstelle eines illiquiden Bauherrn der Bauherrengemeinschaft X, die im Jahr 1984 errichtet wurde, am 4.3.1988 beigetreten. Mit notariellem Vertrag nahm er das Angebot des Treuhänders D zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrags für die Errichtung des Bauvorhabens X und – konkret für den Kläger – des im Haus Nr. 7 gelegenen Ladens Nr. 7.12 an und erteilte dem Treuhänder entsprechende Vollmachten.
Zahlungen der einzelnen Bauherren waren nicht entsprechend dem Baufortschritt des erworbenen Teileigentums, sondern auch nach dem jeweiligen Finanzierungsbedarf des Gesamtobjekts zu leisten. Im März 1988 waren die Erdarbeiten und die Erschließung für Haus Nr. 7 durchgeführt, Ende 1988 insgesamt fertiggestellt.
Der Kläger vermietete den Laden ab 1989 steuerpflichtig. Im Rahmen einer Großbetriebsprüfung bei der Bauherrengemeinschaft X teilte der Prüfer dem Finanzamt mit, auf den Kläger entfielen Vorsteuern für die Jahre 1984 bis 1988 in näher bezeichneter Höhe. Hinsichtlich des Ladens des Klägers bestünden bei Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietung gegen den Vorsteuerabzug dem Grund nach keine Bedenken.
Der Kläger begehrt die vom Prüfer für ihn ermittelten Vorsteuern der Jahre 1984 bis 1988 in dem Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1988.
Entscheidung
Zwar hat der BFH dem Kläger als einzelnem Bauherrn einer Bauherrengemeinschaft das Vorsteuerabzugsrecht grundsätzlich zugestanden. Er könne aber nur diejenigen Vorsteuern im Jahr 1988 geltend machen, die auf ausgeführte Leistungen nach seinem Beitritt zur Bauherrengemeinschaft X entfallen seien.
Nur die auf das Jahr 1988 entfallenden Vorsteuerbeträge beträfen Leistungen für sein Unternehmen. Abzustellen sei nach dem Grundsatz des Sofortabzugs alleine auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Erst 1988 läge ein solcher Leistungsbezug an den Treuhänder D vor, der im Namen und für Rechnung des Klägers handelnd, die Leistung insoweit für das Unternehmen des Klägers bezogen hätte.
Eine Bindung des Finanzamts an die Aussagen des Großbetriebsprüfers entsprechend dem Grundsatz von Treu und Glauben hat der BFH abgelehnt, da nicht der im Zeitpunkt der Auskunftserteilung für die spätere Entscheidung im Veranlagungsverfahren zuständige Beamte oder Vorsteher die Auskunft erteilt habe. Äußerungen, tatsächliche und rechtliche Feststellungen in einem Prüfungsbericht enthalten keine Zusagen oder Verständigungen, sind also nicht für die Veranlagungsstelle bindend.
Hinweis
Vorsteuerabzugsberechtigt ist nur ein Unternehmer. Der umsatzsteuerliche Unternehmerbegriff zeichnet sich gegenüber dem Begriff des Gewerbetreibenden im Ertragsteuerrecht dadurch aus, dass auch eine Personengesellschaft oder eine Gemeinschaft die Unternehmereigenschaft besitzen kann. Vorsteuerabzugsberechtigt für eine an eine Gemeinschaft, wie beispielsweise eine Bauherrengemeinschaft, oder Personengesellschaft erbrachte Leistung ist damit grundsätzlich nur die Gemeinschaft oder die Personengesellschaft.
Wie der BFH in der jüngsten Zeit aber entschieden hat, steht auch den hinter der Gemeinschaft stehenden Gemeinschaftern das Vorsteuerabzugsrecht zu, wenn die Gemeinschaft als solche (ausnahmsweise) nicht unternehmerisch tätig geworden ist. Die gleichen Überlegungen gelten für eine BGB-Gesellschaft.
In diesen Fällen kommt auch eine einheitliche und gesonderte Vorsteuerfeststellung gem. § 180 Abs. 2 AO (vgl. hierzu BMF-Schreiben vom 24.4.1992, BStBl I 1992, 291) in Betracht. Folglich kann dem einzelnen Gemeinschafter auch nur der Vorsteuerabzug zustehen, der auf Leistungen an die Gemeinschaft, ausgeführt nach seinem Beitritt, entfallen.
Unschädlich ist dagegen, wenn er sich bei seinen Handlungen durch einen Vertreter, wie beispielsweise einen Treuhänder, der in seinem Namen und für seine Rechnung handelt, vertreten lässt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 21.6.2001, V R 33/99 (NV)