Sachverhalt
Bei dem bulgarischen Verfahren ging es um die nach bulgarischem Recht bestehende Pflicht zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Abriss von Unternehmensgebäuden.
In das Unternehmen der Klägerin, eine Wärmekraftwerk AG, wurden im Zuge einer Kapitalerhöhung durch Sacheinlage Immobilien (u.a. Kühlturm, Schornstein) eingebracht. Ein Teil dieser Immobilien wurde nach der Einlage im Zuge einer Modernisierungsmaßnahme abgerissen. Die bulgarische Finanzbehörde ging davon dass, dass bei dem Abriss ein Fall von § 79 Abs. 3 des bulgarischen MwStG vorliege. Danach hätte die Klägerin (als Rechtsnachfolger des ursprünglichen Eigentümers) den Vorsteuerabzug, den der ursprüngliche Eigentümer der Immobilien geltend gemacht hat, berichtigt werden müssen.
Die Klägerin meinte, da der Abriss der Bauten mit dem Ziel erfolgt sei, an deren Stelle andere Bauten zu errichten, die für steuerbare Umsätzen - der Erzeugung von Elektrizität und Wärme -verwendet werden würden, sei keine Berichtigung vorzunehmen gewesen. Die bulgarische Finanzbehörde führte an, dass Art. 79 Abs. 3 MwStG, der Unternehmer dazu verpflichte, Berichtigungen in Fällen vorzunehmen, in denen Waren zerstört würden, zwingendes Recht sei. Einschränkungen habe der Gesetzgeber in Art. 80 Abs. 2 MwStG vorgesehen, in dessen Nrn. 1 bis 6 ausdrücklich die Fälle aufgezählt seien, in denen Art. 79 Abs. 3 MwStG nicht anzuwenden sei. Nicht darunter vorgesehen sei der Fall, dass eine Berichtigung des in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs ausgeschlossen sei, wenn Investitionsgüter mit dem Ziel zerstört würden, neue Investitionsgüter zu schaffen, die künftigen steuerbaren Umsätzen dienten. Dies liege daran, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs beim Ankauf der Waren vorgesehen habe, wobei er dieses Recht, wenn es nicht ausgeübt worden sei, auch dem Rechtsnachfolger einräume. Das Vorsteuerabzugsrecht werde einem Unternehmer gerade wegen der bevorstehenden Bewirkung steuerbarer Umsätze gewährt. Die Zerstörung von Vermögenswerten führe dazu, dass derartige Umsätze nicht bewirkt werden könnten, und dementsprechend zur Verpflichtung, einen Teil des in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs nach der im Gesetz vorgesehenen Sonderregelung zu erstatten.
Art. 79 Abs. 3 des bulgarischen MwStG regelt: Eine registrierte Person, die den Vorsteuerabzug für von ihr hergestellte, gekaufte, erworbene oder eingeführte Gegenstände zur Gänze oder zum Teil geltend gemacht hat, berechnet und schuldet einen Steuerbetrag in der Höhe des in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs, wenn die Waren zerstört wurden, Fehlmengen festgestellt wurden oder die Waren als Ausschuss aussortiert wurden oder aber ihr Zweck geändert wurde und der neue Zweck nicht mehr zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Der EuGH war aufgefordert zu prüfen, wie in diesem Zusammenhang Art. 185 Abs. 2 MwStSystRL auszulegen ist. Nach Art. 185 Abs. 1 MwStSystRL erfolgt die Berichtigung insbesondere dann, wenn sich die Faktoren, die bei der Bestimmung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Mehrwertsteuererklärung geändert haben, zum Beispiel bei rückgängig gemachten Käufen oder erlangten Rabatten. Nach Art. 185 Abs. 2 MwStSystRL unterbleibt abweichend von Absatz 1 die Berichtigung bei Umsätzen, bei denen keine oder eine nicht vollständige Zahlung geleistet wurde, in ordnungsgemäß nachgewiesenen oder belegten Fällen von Zerstörung, Verlust oder Diebstahl sowie bei Entnahmen für Geschenke von geringem Wert und Warenmuster im Sinne des Artikels 16 MwStSystRL. Bei Umsätzen, bei denen keine oder eine nicht vollständige Zahlung erfolgt, und bei Diebstahl können die Mitgliedstaaten jedoch eine Berichtigung verlangen. Nach Art. 186 MwStSystRL legen die Mitgliedstaaten die Einzelheiten für die Anwendung der Artikel 184 und 185 fest.
Das bulgarische Gericht trug vor, dass im Unterschied zur MwStSystRL Art. 79 Abs. 3 und Art. 80 Abs. 2 MwStG des bulgarischen MwStG nicht zwischen den Begriffen "Zerstörung" und "Verlust" von Sachen unterscheidet. Grundsätzlich wird in den bulgarischen Vorschriften die Zerstörung als erheblicher Eingriff in die Sache verstanden, der ihre Vernichtung zur Folge hat, während der Verlust, obwohl er dieselben Folgen hat, mit dem Eintritt von Umständen verknüpft wird, die dem Einfluss der für die Verwahrung der Sache verantwortlichen Person entzogen sind. Die Ausnahme des Art. 80 Abs. 2 Nr. 1 MwStG, die erfordert, dass die Zerstörung durch höhere Gewalt erfolgt ist, bezieht sich nach ihrem Sinn eher auf den Verlust der Sache und nicht auf ihre Zerstörung. Aus diesem Grund hielt das Vorlagegericht es für erforderlich, den in Art. 185 Abs. 2 MwStSystRL enthaltenen Sinn des Begriffs "Zerstörung von Vermögen" und die Frage zu klären, ob für die Zwecke der Berichtigung der beim Erwerb des Vermögens in Abzug gebrachten Vorsteuer die Beweggründe für die Zerstörung bzw. die Bedingungen, unter denen sie erfolgt ist, von Bedeutung sind.
Entscheidung
Der EuGH hat entschieden, d...