Das BFH-Urteil betrifft Fragen zur sogenannten Zwischenvermietung . Nach Einführung des Mehrwertsteuersystems versuchten Wohnungserwerber (insbesondere im Rahmen von Bauherrenmodellen) durch sog. Zwischenvermietung der Wohnungen – und Option zur Steuerpflicht gem. § 9 UStG – den Ausschluß vom Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 2 UStG auf die Anschaffungskosten zu vermeiden. Die Finanzverwaltung entwickelte hierzu über einen längeren Zeitraum Kriterien zur Prüfung des Gestaltungsmißbrauchs gem. § 42 AO . Die BFH-Rechtsprechung zu diesem Bereich setzte erst spät ein und legte z.T. einen abweichenden Prüfungsrahmen fest. Daraus ergab sich, daß die Finanzverwaltung zunächst „anerkannte” Zwischenvermietungen in Folgejahren (z. B. nach Wechsel des Zwischenmieters) aufgrund geänderter Beurteilungskriterien als mißbräuchlich beurteilte.
Im Anschluß hieran stellte sich jedoch die Frage, ob der im sogenannten Abzugsjahr (bei Rechnungsstellung) gewährte Vorsteuerabzug noch nach der Abgabenordnung (AO) geändert oder nur anteilig gem. § 15a UStG berichtigt werden konnte. Hierzu ist die verfahrensrechtliche Behandlung des Vorsteuerabzugs zu beachten:
Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht bei Anschaffung eines Gegenstands oder bei Inanspruchnahme einer Leistung nach § 15 Abs. 1 UStG „sofort”, d.h. in dem Besteuerungszeitraum, in den Leistungsbezug und Erhalt der Rechnung mit Steuerausweis fallen, sofern nicht ein Ausschlußgrund nach § 15 Abs. 2 UStG (steuerfreie Verwendung der Leistung: z. B. steuerfreie Vermietung des angeschafften Gebäudes oder der Wohnung) eingreift.
Wird der angeschaffte Gegenstand (z. B. Gebäude) nicht im selben, sondern erst im folgenden Besteuerungszeitraum zur Ausführung von Umsätzen tatsächlich verwendet, wird über den Vorsteuerabzug im Abzugsjahr aufgrund der Prognose des Unternehmers über die (geplante) Verwendung entschieden. Bei Zweifel über die Realisierung dieser Verwendungsprognose kann die Veranlagung des Abzugsjahres „offen” gehalten werden ( Vorbehalt der Nachprüfung ).
Nach bisheriger BFH-Rechtsprechung ist dies nicht erforderlich, weil eine von der Prognose (z. B. steuerpflichtige Vermietung) abweichende tatsächliche erstmalige (steuerfreie) Verwendung im folgenden Besteuerungszeitraum als rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zur Änderung der Festsetzung des Abzugsjahres (Versagung des Vorsteuerabzugs) führen kann.
Diese Änderungsmöglichkeit nach der AO ist aber aufgrund der neueren EuGH-Rechtsprechung fraglich geworden. Hat das Finanzamt die erklärte (beabsichtigte) und ab dem Erstjahr durchgeführte Verwendung bei der Steuerfestsetzung des Abzugsjahres als steuerpflichtige Verwendung anerkannt und erkennt es erst in einem Folgejahr, daß die Verwendung als steuerfrei zu beurteilen ist, sind die Möglichkeiten der Änderung der Steuerfestsetzung des Abzugsjahres nach der AO oder die Berichtigung des (im Abzugsjahr gewährten) Vorsteuerabzugs in den Folgejahren nach § 15a UStG zu prüfen.
Die unter 1. und 2. wiedergegebenen Entscheidungsgrundsätze lassen sich am besten anhand des (vereinfachten) Jahresablaufs im Streitfall verdeutlichen:
- Abzugsjahr , in dem der Vorsteuerabzug aufgrund Anerkennung der erklärten Absicht steuerpflichtiger Zwischenvermietung gewährt wurde, war 1981 (Herstellung der Eigentumswohnung).
- Erstjahr (Beginn der Zwischenvermietung mit Option zur Steuerpflicht) war 1983 .
- Folgejahr , für das das Finanzamt aufgrund geänderter Beurteilung der Zwischenvermietung als mißbräuchlich eine steuerfreie Vermietung annahm und deshalb im Steuerbescheid einen Vorsteuerberichtigungsbetrag gem. § 15a UStG ansetzte, war 1985 .
Eine Vorsteuerberichtigung im Bescheid für 1985 nach § 15a UStG wäre nur zulässig gewesen, wenn vor Beginn dieses Besteuerungszeitraums (also mit Ablauf des Besteuerungszeitraums 1984) die Steuerfestsetzung für das Abzugsjahr 1981 unabänderbar war. Solange die Festsetzung für das Abzugsjahr jedoch noch nach der AO änderbar war, d.h. die Festsetzungsfrist noch nicht ...