Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
4.1 Sachverhalt
Versicherungsvertreter V hatte in 2023 für ein neues Fahrzeug einen Leasingvertrag abgeschlossen. Nach dem zum 1.7.2023 wirksamen Vertrag musste V eine Leasingsonderzahlung von (netto) 8.000 EUR bezahlen. Der Leasingvertrag läuft bis zum 30.6.2027. Da V in 2023 ausschließlich steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze ausführt, kann er keinen Vorsteuerabzug aus der ihm gegenüber berechneten Leasingsonderzahlung vornehmen.
Ab dem 1.7.2024 erweitert V den Rahmen seines Unternehmens. Er wird jetzt auch für einen Unternehmer als Handelsvertreter tätig und führt dort steuerbare und steuerpflichtige Umsätze aus. Insgesamt wird das Fahrzeug von V ab dem 1.7.2024 zur Hälfte für Fahrten im Zusammenhang mit der steuerfreien Tätigkeit und zur Hälfte für Fahrten im Zusammenhang mit der steuerpflichtigen Tätigkeit verwendet.
4.2 Fragestellung
V möchte wissen, welche Auswirkungen sich für ihn ab 2024 ergeben. Eine nichtunternehmerische Nutzung des Fahrzeugs liegt nicht vor. In dem Leasingvertrag ist keine Kaufoption für V enthalten.
4.3 Lösung
Bei dem Leasingvertrag handelt es sich um eine Nutzungsüberlassung des Fahrzeugs, da aufgrund einer fehlenden Kaufoption grds. keine Lieferung vorliegen kann.
V konnte in 2023 aus der Anforderung der Leasingsonderzahlung keinen Vorsteuerabzug vornehmen. Er war zwar grundsätzlich nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt. Wegen der steuerfreien Ausgangsumsätze nach § 4 Nr. 11 UStG als Versicherungsvertreter war der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Ein Ausnahmetatbestand nach § 15 Abs. 3 UStG lag auch nicht vor.
Durch die Erweiterung des Unternehmensumfangs in 2024 ändert sich die Nutzung des Fahrzeugs für V. Er verwendet das Fahrzeug jetzt sowohl für den Vorsteuerabzug ausschließende Ausgangsumsätze als auch für den Vorsteuerabzug nicht ausschließende Ausgangsumsätze. Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab wird sich hier die tatsächliche Verwendung des Fahrzeugs anbieten. Damit verwendet V das Fahrzeug ab dem 1.7.2024 zu 50 % für vorsteuerabzugsberechtigende Ausgangsumsätze. Da das Fahrzeug vom 1.1.2024 bis 30.6.2024 noch im vollen Umfang für vorsteuerabzugsschädliche Versicherungsvertreterumsätze verwendet worden ist, beträgt die vorsteuerabzugsberechtigende Verwendung in 2024 25 %.
Mit der Anmietung (Leasing) des Fahrzeugs wird für V eine sonstige Leistung ausgeführt. Mit der Leasingsonderzahlung erbringt er insoweit eine Vorauszahlung für eine sonstige Leistung. Damit handelt es sich um einen Vorsteuerberichtigungstatbestand nach § 15a Abs. 4 UStG.
Grundsätzlich würde der Berichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 1 UStG 5 Jahre betragen. Da hier der Leasingvertrag aber nur einen Zeitraum von 4 Jahren umfasst, ist der Berichtigungszeitraum auf diese Zeit zu beschränken. Da dem V netto 8.000 EUR in 2023 berechnet worden sind, ergaben sich daraus 19 % Umsatzsteuer i. H. v. 1.520 EUR, pro Jahr des Berichtigungszeitraums somit 380 EUR.
Da V das Fahrzeug in 2024 zu 25 % für den Vorsteuerabzug nicht ausschließende Leistungen verwendet (dies entspricht einer Verwendungsänderung von 25 %), kann er eine Vorsteuerberichtigung zu seinen Gunsten i. H. v. 95 EUR vornehmen. V hat den Berichtigungsbetrag von 95 EUR in seiner Jahressteuererklärung für 2024 geltend zu machen.
Keine Anwendung einer Vereinfachungsregelung
Eine Anwendung der Bagatellregelung des § 44 Abs. 1 UStDV kommt nicht in Betracht, da der gesamte Umsatzsteuerbetrag aus der Sonderzahlung mehr als 1.000 EUR betragen hat. § 44 Abs. 2 UStDV hemmt ebenfalls nicht die Vorsteuerberichtigung, da die Verwendungsänderung mindestens 10 % betragen hat.