OFD Frankfurt, Verfügung v. 24.2.2010, S 7316 A - 2 - St 111
1. Allgemeines
Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Anwendung des § 15a UStG in der Praxis nach wie vor Schwierigkeiten bereitet und häufig – zugunsten wie zuungunsten der Steuerpflichtigen – unterbleibt. Die Anwendung der Gesetzesvorschrift muss daher gezielt überwacht werden.
2. Anwendungsfälle des § 15a UStG
2.1 Berichtigungsobjekte
Als Berichtigungsobjekte kommen insbesondere der Erwerb oder die Herstellung der folgenden Wirtschaftsgüter bzw. Leistungen in Betracht:
- Wirtschaftsgüter, die nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden (z.B. Grundstücke, bewegliches Anlagevermögen; immaterielle Wirtschaftsgüter, Computerprogramme, usw.), § 15a Abs. 1 UStG,
- Wirtschaftsgüter, die nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden (z.B. Grundstücke, Umlaufvermögen), § 15a Abs. 2 UStG,
- Bestandteile, die nachträglich in ein Wirtschaftsgut eingehen (z.B. Klimaanlage, Einbauküche, Aufzüge, usw.), § 15a Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. UStG,
- sonstige Leistungen an einem Wirtschaftsgut (z.B. Fassadenanstrich, Generalüberholung einer Heizungsanlage oder von Aufzügen), § 15a Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. UStG,
- sonstige Leistungen, die nicht an einem Wirtschaftsgut ausgeführt werden (z.B. Patente, Lizenzen, Werbeleistungen, Beratungsleistungen, usw.), § 15a Abs. 4 UStG,
- nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein Wirtschaftsgut, § 15a Abs. 6 UStG.
2.2 Änderung der Verhältnisse
Eine Änderung der Verhältnisse liegt vor, wenn die Verhältnisse im Zeitpunkt der Verwendung von den für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen abweichen. Verwendung bedeutet die tatsächliche Nutzung zur Erzielung von Umsätzen; darunter fallen auch die Veräußerung und die unentgeltliche Wertabgabe.
2.2.1 Allgemeine Änderungen
Insbesondere bei folgenden Sachverhaltsgestaltungen ist eine Überprüfung, ob eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG durchzuführen ist, erforderlich:
Nutzungsänderungen
Grundsätzlich kann jede Änderung in der Verwendung eines Berichtigungsobjekts eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG erforderlich machen.
Beispiel: Der Anteil der steuerpflichtigen Umsätze, für die der Steuerpflichtige das Berichtigungsobjekt verwendet, ist höher oder niedriger als im Jahr der Eingangsleistung.
Verkauf oder Entnahme eines Berichtigungsobjektes
Durch den Verkauf oder die Entnahme eines Berichtigungsobjekts kann eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG erforderlich werden.
Beispiel: Ein Kraftfahrzeug wird beim Erwerb zu 50 % zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Die Vorsteuer aus dem Kauf ist nur zu 50 % abzugsfähig. Das Kraftfahrzeug wird nach 2 Jahren verkauft oder entnommen. Der Verkauf bzw. die Entnahme ist steuerpflichtig. Die Vorsteuer ist nach § 15a UStG zu berichtigen.
Rechtsänderungen
Aufgrund von Rechtsänderungen während des Berichtigungszeitraums sind die Umsätze eines Steuerpflichtigen abweichend von der Beurteilung im Jahr des Leistungsbezugs steuerfrei oder steuerpflichtig. Die Vorsteuer ist nach § 15a UStG zu berichtigen, (BFH-Urteil vom 14.5.1992, V R 79/87, BStBl 1992 II S. 983).
Beispiel: Kauf von Spielautomaten (Glücksspiele)
Unzutreffende rechtliche Beurteilung im Jahr des Leistungsbezugs
Der Vorsteuerabzug im Jahr des Leistungsbezugs wurde rechtlich unzutreffend beurteilt und die Steuerfestsetzung für dieses Jahr ist bestandskräftig. Die Korrektur der Vorsteuer erfolgt in den Folgejahren durch § 15a UStG.
Beispiel: Die Option zur Steuerpflicht von Umsätzen (§ 9 UStG) wurde im Jahr des Leistungsbezugs anerkannt und die Vorsteuer zum Abzug zugelassen. Später wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Option bereits ab dem Zeitpunkt des Leistungsbezugs nicht vorlagen. Sofern die Steuerfestsetzung für das Jahr des Leistungsbezugs bestandskräftig ist, erfolgt eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG
Anzahlungen
Der Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung für ein Berichtigungsobjekt wurde wegen der beabsichtigten Nutzung zu steuerpflichtigen Umsätzen in voller Höhe gewährt. Nach der Lieferung des Berichtigungsobjektes verwendet der Steuerpflichtige dieses auch zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Ab dem Jahr der erstmaligen Verwendung ist die Vorsteuer nach § 15a UStG zu berichtigen.
Beispiel: Der Steuerpflichtige leistet eine Anzahlung für den Erwerb eines Kraftfahrzeugs, das er für eigenbetriebliche Zwecke zur Ausführung von steuerpflichtigen Umsätzen verwenden will. Bei Lieferung des Kraftfahrzeugs hat der Steuerpflichtige sein Unternehmen erweitert und erbringt auch Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Die Vorsteuer ist nach § 15a UStG zu berichtigen.
2.2.2 Grundstückssachverhalte
Bei Grundstückssachverhalten ist eine besonders intensive Überwachung von möglichen Vorsteuerberichtigungen erforderlich. Im Zusammenhang mit Grundstücken sind Vorsteuerberichtigungen sehr häufig bei ...