Leitsatz
1. Die Vorschrift des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG 1999 entspricht den zwingenden Vorgaben des Art. 3 Abs. 2 der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 4 der Achten Richtlinie 79/1072/EWG.
2. Die Antragsfrist von sechs Monaten verstößt weder gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gem. Art. 12 EG noch gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
3. Da – jedenfalls in Deutschland – alle vom Vorsteuer-Vergütungsverfahren betroffenen Unternehmer, was die Antragsfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG, Art. 7 Abs. 1 Satz 4 der Achten Richtlinie 79/1072/EWG anbetrifft, gleich behandelt werden, ist ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nicht ersichtlich.
4. Der Umstand, dass im Inland nichtansässige Personen aus praktischen Erwägungen in einem anderen Verfahren besteuert werden als hier ansässige Personen, ist keine unzulässige Diskriminierung i.S.d. Art. 24 OECD-Mustabk 1992, Art. 24 Abs. 1 DBA-USA.
Normenkette
§ 115 Abs. 2 FGO , § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG , Art. 12 EG , Art. 7 Abs. 1 Satz 4 Achte Richtlinie 79/1072/EWG , Art. 3 Abs. 2 Dreizehnte Richtlinie 86/560/EWG , Art. 24 OECD-Mustabk 1992 , Art. 24 Abs. 1 DBA-USA
Sachverhalt
Die Klägerin, ein amerikanisches Unternehmen, hatte die Vergütung von Vorsteuerbeträgen beantragt, aber die Antragsfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG 1999 versäumt. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung hatten FA und FG verneint.
Hierin sah die Klägerin einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Entscheidung
Die NZB hatte keinen Erfolg, weil Zulassungsgründe entweder nicht vorlagen oder nicht zureichend gerügt worden waren.
Hinweis
1. Es geht um eine Nichtzulassungsbeschwerde. Beachten Sie, dass allein mit dem Hinweis, eine Norm verstoße gegen Gemeinschaftsrecht oder sonstiges höherrangiges Recht noch kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 1 oder 2 FGO "dargelegt" ist.
2. Das in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG geregelte Vergütungsverfahren entspricht den zwingenden Vorgaben des Art. 3 Abs. 2 der 13. EG-RL i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 4 der 8. EG-RL. Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 4 der 8. EG-RL ist der Antrag auf Vorsteuererstattung von den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen spätestens sechs Monate nach Ende des Kalenderjahrs zu stellen, in dem die Steuer fällig geworden ist. Nach Art. 3 Abs. 2 der 13. EG-RL darf die Erstattung von Vorsteuern an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige nicht zu günstigeren Bedingungen erfolgen als für in der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige. Die in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG genannte Frist ist gemeinschaftsrechtlich vorgegeben.
Die Antragsfrist von sechs Monaten
- verstößt nicht gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gem. Art. 12 EG-Vertrags, der eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes darstellt. Dass in der EU grundsätzlich unterschiedliche Rechtsnormen gelten, ergibt sich unmittelbar aus dem EG-Vertrag. Dementsprechend verstößt es auch nicht gegen das Diskriminierungsverbot, dass auf dem Gebiet der Umsatzsteuer das Verfahrensrecht grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten ist und nur in Teilbereichen (wie hier: beim Vorsteuer-Vergütungsverfahren) harmonisiert ist. Im Übrigen ist bei der Frage, ob abgeleitetes Gemeinschaftsrecht (hier: Art. 3 Abs. 2 der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG und Art. 7 Abs. 1 Satz 4 der Achten Richtlinie 79/1072/EWG) gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 12 EG verstößt, dieses nicht am nationalen Recht zu messen; vielmehr ist das nationale Recht (hier: die Vorschriften der AO) am Gemeinschaftsrecht zu messen,
- verstößt nicht gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zu prüfen ist hierfür, ob die eingesetzten Mittel zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet sind und ob sie nicht über das dazu erforderliche Maß hinausgehen. Die Antragsfrist kann möglicherweise in außergewöhnlichen Fällen zu unverhältnismäßigen Härten führen: Selbst wenn die Unternehmerbescheinigung i.S.d. § 61 Abs. 3 UStDV innerhalb der Frist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG beigebracht werden müsste – darauf hatte die Klägerin ihre Argumentation gestützt –, könnten Schwierigkeiten bei deren Beschaffung aus Gründen, die nicht in der Sphäre des Unternehmers liegen, durch die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 56 FGO begegnet werden,
- verletzt nicht das in Art. 24 OECD-MustAbk normierte Diskriminierungsverbot. Dieses verbietet jedem Vertragsstaat, Staatsangehörige des jeweils anderen Vertragsstaats unter ansonsten gleichen Verhältnissen höher als seine eigenen Staatsangehörigen zu besteuern; es greift aber nicht ein, wenn die beschränkte Besteuerung des Steuerpflichtigen nicht an dessen Staatsangehörigkeit, sondern ausschließlich an den Wohnsitz und den gewöhnlichen Aufenthalt des Steuerpflichtigen anknüpft. Der Umstand, dass im Inland nichtansässige Personen aus praktischen Erwägungen in einem anderen Ver...