Leitsatz
Ein im Ausland ansässiger Unternehmer, der die Vergütung von Vorsteuerbeträgen beantragt, muss grundsätzlich bereits mit dem Vergütungsantrag die zugrunde liegenden Rechnungen im Original vorlegen.
Normenkette
§ 15, § 18 Abs. 9 UStG 1993, § 61 Abs. 3 UStDV 1993, Art. 17 Abs. 4 der 6. EG-RL, Art. 3 Buchst. a der 8. EG-RL, Art. 3 der 13. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin, eine schweizerische AG, beantragte die Vergütung von Vorsteuerbeträgen für 1999 und 2000. Beiden erst unmittelbar vor Ablauf der Antragsfrist eingereichten Anträgen lagen die Rechnungen, aus denen die Klägerin die Vergütung beanspruchte, nicht im Original, sondern nur in Kopie bei.
FA und FG waren der Auffassung, die Originale hätten innerhalb der Antragsfrist eingereicht werden müssen.
Entscheidung
Die Revision hatte keinen Erfolg. Erfolglos war auch der Einwand der Klägerin, sie dürfe ihren Buchführungsunterlagen nach den in der Schweiz geltenden Steuervorschriften – ohne diese näher zu bezeichnen – nicht in das Ausland verbringen und könne deshalb die Original-Rechnungen nicht längere Zeit aus der Hand geben. Denn die Klägerin hätte dies dem BfF/BZSt darlegen und um kurzfristige Rückgabe der Original-Rechnungen bitten können.
Der BFH ließ deshalb offen, ob sich eine Pflicht des BfF/BZSt zur kurzfristigen Rückgabe von Rechnungen bereits aus Art. 7 Abs. 3 der 13. EG-RL ergeben hätte. Nach dieser Bestimmung versieht die zuständige Behörde "jede Rechnung und jedes Einfuhrdokument mit ihrem Sichtvermerk, damit diese nicht für einen weiteren Antrag dienen können, und gibt sie dem Steuerpflichtigen binnen eines Monats zurück". Diese Bestimmung dürfte nach Wortlaut und systematischer Stellung dahin gehend zu verstehen sein, dass einem Antragsteller die von ihm eingereichten Rechnungen bereits binnen eines Monats nach Antragstellung und nicht – wie offenbar vom BfF bzw. vom BZSt praktiziert – erst binnen eines Monats nach Entscheidung über den Antrag zurückgegeben werden müssen.
Werden Vergütungsanträge – wie hier – erst kurz vor Ablauf der Antragsfrist eingereicht, kann offensichtlich auch keine Hinweispflicht verletzt worden sein, die für die eingetretene Versäumnis hätte ursächlich sein können.
Hinweis
§ 18 Abs. 9 Sätze 3 bis 5 UStG beschreibt die Voraussetzungen für den Vergütungsantrag; daraus – aus der gebotenen Zusammenschau – ergibt sich ohne Weiteres die Pflicht für die Antragsteller, die Vorsteuerbeträge bereits mit dem Vergütungsantrag durch Vorlage der Rechnungen innerhalb der Antragsfris t im Original nachzuweisen.
Die Antragsfrist ist eine Ausschlussfrist und kann nicht rückwirkend verlängert werden.
Für die von Stadie (in Rau/Dürrwächter, UStG, § 18 Rz. 507) angestellten Erwägungen, aus der veränderten Formulierung gegenüber § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV a.F. sei zu schließen, die Belege müssten nicht (mehr) innerhalb der Antragsfrist vorgelegt werden, gibt nicht zuletzt auch die Begründung zum Jahressteuergesetz 1996 keine Anhaltspunkte.
Auch gemeinschaftsrechtlich ist dies unbedenklich:
Mitgliedstaaten können u.a. die Modalitäten für die Antragstellung einschließlich der Antragsfristen, des Zeitraums, auf den der Antrag sich beziehen muss, die Einzelheiten für die Erstattung, einschließlich der Fristen, festlegen.
Sie legen dem Antragsteller die Pflichten auf, die erforderlich sind, um die Begründetheit des Antrags beurteilen zu können und um Steuerhinterziehungen zu vermeiden, und verlangen insbesondere den Nachweis, dass er eine wirtschaftliche Tätigkeit entsprechend Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-RL ausübt.
Der Gesetzgeber darf die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Antragsteller nicht günstiger stellen als Antragsteller, die im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig sind (Art. 3 der 13. EG-RL).
Für Letztere bestimmt die 8. EG-RL nach dem im Anhang A zu dieser RL aufgeführten Muster, dass dem Antrag die Originale der Rechnungen oder Einfuhrdokumente beizufügen sind.
Nur bei vom Steuerpflichtigen nicht zu vertretendem Abhandenkommen einer Rechnung oder eines Einfuhrdokuments kann dieser den Erstattungsanspruch – jedenfalls bei im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern wegen des Diskriminierungsverbots in Art. 12 EGV – der Nachweis durch Vorlage einer Zweitschrift geführt werden, wenn der dem Erstattungsantrag zugrunde liegende Vorgang tatsächlich stattgefunden hat und keine Gefahr besteht, dass weitere Erstattungsanträge gestellt werden.
Ob das auch für im Ausland ansässige Unternehmer gilt, ist noch nicht entschieden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.1.2007, V R 23/05