Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Leerstandszeiten im Rahmen der Untervermietung einzelner Räume innerhalb der eigenen Wohnung des Steuerpflichtigen sind nicht der Eigennutzung, sondern der Vermietungstätigkeit zuzurechnen, wenn ein solcher Raum als Objekt der Vermietungstätigkeit nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung leer steht und feststeht, dass das vorübergehend leer stehende Objekt weiterhin für eine Neuvermietung bereit gehalten wird.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 2, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 12 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Der Sachverhalt ergibt sich schon aus den Eingangsbemerkungen der Praxis-Hinweise. K nutzte als Eigentümer seiner großen Berliner Wohnung zwei Zimmer selbst und vermietete die weiteren 4 Zimmer an verschiedene Mieter. Die Gemeinschaftsräume wurden von sämtlichen Bewohnern genutzt. K machte die auf die 4 vermieteten Räume anteilig entfallenden Gesamtkosten für die Wohnung als Werbungskosten geltend. Dabei rechnete er die auf die zur Vermietung bereit gestellten Zimmer entfallenden Aufwendungen auch für jene Zeiträume den Vermietungseinkünften zu, in denen diese Räume vorübergehend nicht vermietet waren. Die auf die Gemeinschaftsräume entfallenden Aufwendungen teilte K nach Köpfen auf. FA und FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7.12.2010, 5 K 5235/07, Haufe-Index 2742826, DStRE 2012, 157) rechneten die Leerstandszeiten der Eigennutzung zu.
Entscheidung
Dem folgte der BFH nicht: Die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Zimmer waren entweder durchgängig vermietet oder sie wurden für eine erneute Vermietung – welche in allen Fällen zeitnah erfolgte – bereit gehalten. Daher sind Leerstandszeiten nicht der Eigennutzung durch K, sondern dessen Vermietungstätigkeit zuzurechnen; die auf die zur Vermietung bereit gehaltenen Räume entfallenden anteiligen Aufwendungen sind als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung absetzbar.
Hinweis
Es handelt sich um eine grundlegende Entscheidung zur Vermietung einzelner Räume in einer Wohnung und die Zurechnung der Leerstandszeiten. Angenommen, unser Protagonist K hat eine sehr geräumige Altbauwohnung in Berlin von 200 qm Wohnfläche, die er selbst nicht allein bewohnen will. Er vermietet also 4 Räume an wechselnde Mieter, die auch die Gemeinschaftseinrichtungen (Flur, Küche und Bad) nutzen. Natürlich sind nicht alle Räume durchgehend vermietet, sondern stehen auch schon einmal leer. In diesen Fällen fragte es sich, wie die Leerstandszeiten zu verteilen sind.
1. Das Urteil knüpft zunächst an das Grundsatzurteil zum Leerstand IX R 14/12 an (BFH/NV 2013, 467, BFH/PR 2013, 112) an, wonach Aufwendungen für eine Wohnung auch während der Leerstandszeiten unter den dort aufgeführten Voraussetzungen als Werbungskosten absetzbar sind.
2. Die Leerstandszeiten bei der Vermietung einzelner Räume innerhalb der eigenen Wohnung des Steuerpflichtigen sind – wie bei Ferienwohnungen – jedenfalls dann nicht der Eigennutzung, sondern der Vermietungstätigkeit zuzurechnen, wenn ein solcher Raum nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung leer steht und – wie hier – feststeht, dass der vorübergehend leer stehende Raum weiterhin für eine Neuvermietung bereit gehalten wird. Weder die fehlende räumliche Trennung zum Wohnbereich des Steuerpflichtigen noch die fehlende Abgeschlossenheit der zur Vermietung vorgesehenen Räume noch die – theoretische – jederzeitige Selbstnutzungsmöglichkeit steht in diesen Fällen der Annahme einer Einkünfteerzielungsabsicht entgegen; denn Objekt der Vermietung i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist nicht zwingend eine (abgeschlossene) Wohnung; es kann sich auch um einen bestimmten Teil eines Grundstücks oder Gebäudes, einzelne (auch möblierte) Zimmer oder Räumlichkeiten handeln.
3. Wenn man also auch während der Leerstandszeiten durchgehend von einer Vermietungstätigkeit ausgehen kann, wie verhält es sich für die Aufwendungen für die Gemeinschaftsräume? Hier wendet der BFH die Grundsätze seiner Entscheidung zum sog. Pflegenest an (BFH, Urteil vom 25.6.2009, IX R 49/08, BFH/NV 2009, 2026, BFHE 226, 213) und teilt die Aufwendungen für Gemeinschaftsräume, die sowohl der eigenen Wohnnutzung des Steuerpflichtigen wie auch der (entgeltlichen) Nutzung durch die Mieter dienten, nach der Zahl der der Haushaltsgemeinschaft zugehörigen Personen aufgeteilt (Aufteilung nach Köpfen).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.1.2013 – IX R 19/11