Prof. Dr. Stefan Müller, Prof. Dr. Markus Häfele
2.4.3.1 Vorräte
Rz. 89
Unter den Vorräten werden Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige Erzeugnisse und Leistungen, fertige Erzeugnisse und Waren und die geleisteten Anzahlungen auf Vorräte erfasst. Für die Zugangsbewertung ist als Umrechnungskurs grundsätzlich der Devisengeldkurs im Zeitpunkt der Erlangung der Verfügungsmacht zu verwenden. Bei gleichzeitiger Entstehung einer Währungsverbindlichkeit bestimmt dieser ebenfalls, ungeachtet der Bewertung – und zwar beider Positionen – zum späteren Bilanzstichtag, deren Wertansatz.
Rz. 90
Werden Anschaffungszahlungen aus vorgehaltenen Devisenbeständen geleistet, so stellt sich die Frage, ob der ursprüngliche Devisenbeschaffungskurs (gegebenenfalls ein Durchschnittswert bei mehreren Devisenbeschaffungen) oder der Devisenmittelkurs zum Zeitpunkt der Warenbeschaffung für die Anschaffungskostenermittlung anzuwenden ist. Nach H 6.2 EStH ist bei einem Anschaffungsgeschäft in ausländischer Währung der Wechselkurs im Anschaffungszeitpunkt für die Berechnung der Anschaffungskosten maßgebend. Im handelsbilanziellen Schrifttum, insbesondere für den Fall einer gezielten Vorwegbeschaffung von Devisen, wird teilweise die Auffassung vertreten, dass deren historischer Beschaffungskurs der Berechnung der Anschaffungskosten zugrunde zu legen sei oder dass dieser jedenfalls dann zu verwenden sei, wenn aus Exportgeschäften vorher eingegangene Devisen nicht umgetauscht, sondern auf einem Währungskonto gehalten wurden.
Gegen diese Auffassung spricht die betriebswirtschaftliche Überlegung, dass – auch im Falle der gezielten, wenn nicht gerade der extrem kurzfristigen Vorhaltung – die vorzeitige Devisenbeschaffung und auch die Devisenbevorratung als selbstständiges Rechtsgeschäft mit spekulativem, kurssicherndem, immer aber bewusst und vom Warengeschäft getrennt gewinnorientiertem Entscheidungscharakter betrachtet werden müssen und demzufolge der Devisenmittelkurs des Anschaffungszeitpunktes der Ware für die Umrechnung der Anschaffungskosten maßgebend sein muss. Dies führt zu der erfolgsrechnerischen Konsequenz des Ausweises entweder eines Kursverlustes bei gegenüber dem Devisenbeschaffungszeitpunkt gestiegenem oder eines Kursgewinnes bei gegenüber dem Devisenbeschaffungszeitpunkt gefallenem Devisenmittelkurs.
Rz. 91
Bei Zielkäufen richtet sich die Frage der Anschaffungskostenumrechnung nach den vorgenannten Grundsätzen – Tag der Lieferung bzw. der Verschaffung der Verfügungsmacht.
Rz. 92
Im Rahmen der Folgebewertung tritt am Bilanzstichtag ein Währungsumrechnungsproblem beim Vorratsvermögen auf, wenn es sich im Ausland befindet oder wenn es sich im Inland befindet und mittels Fremdwährung angeschafft wurde bzw. wenn es zum Verkauf gegen Fremdwährung bestimmt ist. Für die laufende Bilanzierung ist es deshalb grundsätzlich von Bedeutung, ob sich die Bewertung der Vorräte am Beschaffungsmarkt (Umrechnung zum Devisengeldkurs) oder am Absatzmarkt (Umrechnung zum Devisenbriefkurs) zu orientieren hat.
Aus Vereinfachungsgründen wird teilweise eine Verwendung von Durchschnittskursen zugelassen.
Rz. 93
Da Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe beschafft werden, um im Fertigungsprozess als Haupt- oder Nebenbestandteile bzw. als Verbrauchsmaterial eingesetzt zu werden, orientiert sich ihre Stichtagsbewertung grundsätzlich nach den Verhältnissen des (Wieder-)Beschaffungsmarktes.
Rz. 94
Da unfertige Erzeugnisse (nach weiterer Be- oder Verarbeitung), fertige Erzeugnisse sowie Waren zum Verkauf vorgesehen sind, bestimmen sich ihre Stichtagswerte nach den Verhältnissen des Absatzmarktes.
Rz. 95
Für die Währungsumrechnung sind die verschiedenen Bewertungsverfahren von Bedeutung. Bewertungsverfahren im hier verstandenen Sinne sind die Einzelbewertung sowie die verschiedenen vereinfachenden Bewertungsverfahren, wie insb. die Festbewertung, die Gruppenbewertung und die Verbrauchs- bzw. Veräußerungsfolgeverfahren.
Rz. 96
Bei der Einzelbewertung wird auf die in Rz. 92 ff. dargestellten Grundsätze verwiesen.
Preisentwicklung und Kursentwicklung bestimmen gleichzeitig den Zeitwert. Dabei ist es gleichgültig, ob sich die Marktpreise und die Wechselkurse in gleicher Richtung oder gegenläufig entwickelt haben. Kompensatorische Einwirkungen auf den Zeitwert sind durchaus möglich. Eine getrennte Erfassung der durch die Kursschwankung bewirkten Zeitwertveränderung ist bei gleichzeitig veränderten Marktpreisen daher auch nicht sachgerecht. Bei gegenüber den historischen bzw. fortgeführten Anschaffungskosten gestiegenem Zeitwert sind wegen des für Vorräte geltenden strengen Niederstwertprinzips die niedrigeren Anschaffungskosten zwingend beizubehalten. Dagegen ist der niedrigere Zeitwert durch Vornahme von Abschreibungen aufwandswirksam zu berücksichtigen.
Rz. 97
Bei Anwendung von vereinfachenden Bewertungsverfahren (Festwertverfahren, Gruppenbewertung, Verbrauchsfolgeverfahren) sind mit deren Anwendungsvoraussetzungen und unterstellenden Annahmen gleichzeitig die zu verwendenden Umrechnungskurse festgelegt, bzw. sind bestimmte V...