Leitsatz
Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 VwZG muss die zuzustellende Sendung mit einer ausreichenden, den Inhalt der Sendung einwandfrei identifizierenden Geschäftsnummer versehen sein.
Diese Voraussetzung ist jedenfalls bei Zustellung des ersten Umsatzsteuerbescheids für den Veranlagungszeitraum erfüllt, wenn die Postzustellungsurkunde als "Geschäftsnummer" (§ 3 Abs. 1 Satz 2 VwZG) die zutreffende Steuernummer verbunden mit dem Zusatz "UStB 97" ausweist.
Normenkette
§ 122 Abs. 5 AO 1977 , § 124 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 , § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 VwZG , § 195 Abs. 2 ZPO
Sachverhalt
Das FA hatte wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung für 1997 die Besteuerungsgrundlagen geschätzt und die förmliche Zustellung des Umsatzsteuerbescheids durch die Post nach dem Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) angeordnet. Auf der PZU war unter der Gliederungsnummer "1.1 Geschäftsnummer (siehe AO Kartei § 122 Karte 2 Nr. 3.1.2)" in einer Zeile handschriftlich die Steuernummer des Klägers und daran anschließend, in das freie Feld unter der Gliederungsnummer "1.2 Ggf. weitere Kennz." hineinreichend der Zusatz "UStB 97" vermerkt. Der Postbote händigte die Sendung dem Vater des Klägers aus.
Mit dem Einspruch machte der Kläger geltend, die Sendung sei nicht hinreichend gekennzeichnet und weiter, der Vater habe die Sendung nicht an ihn weitergeleitet. Das FA verwarf den verspätet erhobenen Einspruch als unzulässig. Das FG meinte, die Kennzeichnung der Sendung auf der PZU mit "UStB 97" erlaube keine einwandfreie Identifizierung der Sendung, und gab der Klage statt.
Entscheidung
Der BFH hielt die Kennzeichnung für ausreichend; er verwies die Sache an das FG zurück. Sind – wie im Streitfall – die Voraussetzungen des § 181 ZPO für eine Ersatzzustellung in der Wohnung des Klägers erfüllt, ist das Schriftstück mit der Übergabe an die Ersatzperson zugestellt.
Ob und wann der Zustellungsadressat von dem Schriftstück Kenntnis erhält, ist für die Wirksamkeit der Zustellung unerheblich. Händigt die Ersatzperson das Schriftstück dem Zustellungsadressaten nicht aus, kann dieser nur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Zur Frage, ob die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 AO vorlagen, hatte das FG aber noch keine Feststellungen getroffen.
Hinweis
Wird mit PZU zugestellt, muss nach § 3 Abs. 1 Satz 2 VwZG die Sendung u.a. mit einer Geschäftsnummer versehen werden. Gem. § 3 Abs. 3 VwZG i.V.m. § 195 Abs. 2 ZPO muss die von dem Postbediensteten über die Zustellung zu fertigende Urkunde die Übergabe der ihrer Anschrift und Geschäftsnummer nach bezeichneten Sendung bezeugen. Die PZU bezeugt nicht die Übergabe des Schriftstücks selbst, sondern nur die Übergabe einer Sendung. Die Angabe der Geschäftsnummer auf der Sendung sowie auf der PZU ist deshalb die einzige urkundliche Beziehung zwischen dieser und dem zuzustellenden Schriftstück.
Die Geschäftsnummer muss deshalb eindeutig die Identifizierung der zuzustellenden Sendung ermöglichen. Für eine wirksame Zustellung nach § 3 VwZG reicht es nicht, wenn die PZU als Geschäftsnummer lediglich die Steuernummer ausweist, denn die Steuernummer wird durchgängig für einen Aktenvorgang verwendet, und ermöglicht deshalb – allein – keine Identifizierung der Sendung. Dagegen reicht die Kennzeichnung der Sendung mit der Steuernummer des Klägers und dem Zusatz "UStB 97" aus.
Als Abkürzung für einen Steuerbescheid einer Steuerart ist die Kombination aus der Abkürzung der jeweiligen Steuerart – hier z.B. "USt" – und der Abkürzung "B" für Bescheid gebräuchlich (AO-Handbuch 2003 § 122 Tz. 3.1.1.2.); die PZU weist im Übrigen ausdrücklich auf die AO-Kartei zu § 122 Karte 2 Nr. 3.1.2. (nunmehr AO-Handbuch 2003 § 122 Tz. 3.1.1.2) und damit auf die entsprechende Verwaltungsanweisung zu den verwaltungsüblichen Abkürzungen hin.
Durch die Bezeichnung "UStB" mit dem Zusatz des Veranlagungszeitraums ist – im Zusammenhang mit der Steuernummer – eine eindeutige urkundliche Beziehung zwischen PZU und zuzustellendem Schriftstück hergestellt; dass für einen Laien aus der Abkürzung "UStB" nicht ohne weiteres der Erklärungsinhalt der zugestellten Sendung zu entnehmen ist, ist unerheblich, denn das Erfordernis der Kennzeichnung dient nur der eindeutigen Identifizierung des zugestellten Schriftstücks, nicht aber der Mitteilung von dessen Erklärungsinhalt.
Zur Identifizierung des Schriftstücks ist die Angabe des Datums, unter dem das zugestellte Schriftstück ergangen ist, grundsätzlich nicht zwingend; sie ist auch auf andere Weise möglich. Jedenfalls für den erstmaligen Steuerbescheid ist die Angabe des Bescheiddatums nicht erforderlich.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.3.2004, V R 11/02