Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Lieferungen im Zusammenhang mit einem Konsignationslager können bei grenzüberschreitenden Warenbewegungen zu unterschiedlichen Konsequenzen führen. Nachdem der BFH sich grundsätzlich zu der Lieferung über ein in Deutschland unterhaltenes Konsignationslager eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmers geäußert hatte, hatte das BMF im Oktober 2017 den UStAE angepasst.
Werden Gegenstände aber über ein solches Konsignationslager in einem anderen Mitgliedstaat ausgeliefert, ergeben sich in Abhängigkeit der Abwicklung des Liefergeschäfts die folgenden Varianten:
- Die Lieferung des Verkäufers ist schon im Ausgangsmitgliedstaat ausgeführt worden und dort – soweit die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt sind – steuerfrei. Der Erwerber muss im Bestimmungsmitgliedstaat einen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterwerfen. Diese Variante liegt vor, wenn bei Beginn der Beförderung der Abnehmer schon feststeht und auch eine verbindliche Abnahme erklärt worden ist. In diesem Fall ist eine kurzzeitige Lagerung im Konsignationslager nicht schädlich für die Annahme einer schon am Abgangsort ausgeführten Lieferung.
- Der liefernde Unternehmer muss ein innergemeinschaftliches Verbringen zur eigenen Verwendung im Ausgangsmitgliedstaat und Bestimmungsmitgliedstaat der Besteuerung unterwerfen. Anschließend hat er im Moment der Abnahme der Gegenstände durch den Leistungsempfänger eine nach den Vorschriften des Bestimmungsmitgliedstaats dort steuerbare und regelmäßig steuerpflichtige Lieferung. Der Käufer hat keinen innergemeinschaftlichen Erwerb. Diese Variante liegt vor, wenn bei Beginn der Beförderung der Abnehmer noch nicht feststeht oder von einem feststehenden Abnehmer keine verbindliche Abnahme erklärt worden ist.
Für die Lieferungen aus einem anderen Mitgliedstaat in das Inland über ein Konsignationslager hat die Finanzverwaltung bis 31.12.2018 eine Nichtbeanstandungsregelung getroffen. Bis dahin wird es nicht beanstandet, wenn unterschiedslos von der zweiten Variante ausgegangen wird.
Die OFD Frankfurt a. M. hat in seiner aktualisierten Rundverfügung die Grundsätze aus dem BMF-Schreiben mit aufgenommen. Da das BMF-Schreiben die Lieferung aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet über ein im Inland belegenes Konsignationslager betrifft, sind in der Rundverfügung weitergehende Informationen für die Praxis enthalten:
- Bei der Lieferung eines nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers über ein im Inland belegenen Konsignationslager müssen drittlandsgrenzüberschreitende Besonderheiten beachtet werden. Hier sind insbesondere die Möglichkeit der Verlagerung des Orts der Lieferung nach § 3 Abs. 8 UStG oder die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 4b UStG zu beachten.
Für die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 4b UStG aus einem Konsignationslager in Deutschland ist insbesondere wichtig, dass der Gegenstand zuerst aus dem Konsignationslager in das "normale" Zolllager entnommen werden muss, bevor die Ware in den freien Verkehr überführt wird.
- Bei der Lieferung über ein in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Konsignationslager durch einen deutschen Unternehmer lassen sich die Konsequenzen aus der (deutschen) Rechtsprechung des BFH und des BMF nicht übertragen. Hier müssen die Besonderheiten des jeweiligen Zielstaats beachtet werden. Die OFD Frankfurt a. M. gibt Hinweise zu den in anderen Mitgliedstaaten anwendbaren Regelungen und Vereinfachungsmöglichkeiten.
Konsequenzen für die Praxis
Die umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen bei der Lieferung von Ware über ein Konsignationslager sind leider in der Europäischen Union derzeit nicht vereinheitlicht.
Der ECOFIN-Rat hat im Oktober 2018 einer Änderung der MwStSystRL zugestimmt, nach der es u. a. auch zu einer einheitlichen Vereinfachungsregelung für die grenzüberschreitenden Warenlieferungen über Konsignationslager in der Europäischen Union kommen soll. Die Regelungen sollen zum 1.1.2020 in Kraft treten.
Gerade für deutsche Unternehmer, die über Konsignationslager in anderen Mitgliedstaaten Warenlieferungen ausführen, gibt die Rundverfügung der OFD Frankfurt a. M. gute Hinweise auf nationale Besonderheiten.
Link zur Verwaltungsanweisung
OFD Frankfurt a. M., Rundverfügung v. 14.5.2018, S 7100a A – 004 – St 110, DStR 2018 S. 1233.