a) Kunstbegriff
Da auch die Finanzgerichtsbarkeit wie die Finanzverwaltung durch die Grundrechte gebunden sind, ist die Rechtsprechung des BVerfG zum Kunstbegriff, von welchem Art. 5 Abs. 3 GG (Kunstfreiheit) ausgeht, von Relevanz.
Das BVerfG definierte in seiner "Mephisto-Entscheidung" den Begriff der Kunst folgendermaßen: "Das Wesentliche der künstlerischen Betätigung ist die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Alle künstlerische Tätigkeit ist ein Ineinander von bewußten und unbewußten Vorgängen, die rational nicht aufzulösen sind. Beim künstlerischen Schaffen wirken Intuition, Phantasie und Kunstverstand zusammen; es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers".
Der BFH nimmt diese Definition auf und fordert demnach für die künstlerische Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG, dass "der Steuerpflichtige eine eigenschöpferische Leistung vollbringt, in der seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt und die über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine gewisse Gestaltungshöhe erreicht".
Finanzverwaltung folgt BFH: Der Rechtsauffassung des BFH hat sich die Finanzverwaltung in H 15.6 EStH – Künstlerische Tätigkeit – angeschlossen.
Das FG Baden-Württemberg präzisiert die Definition des BFH unter Heranziehung auch der Rechtsprechung des BVerfG folgendermaßen: "Beim künstlerischen Schaffen wirkt Intuition, Phantasie und Kunstverstand zusammen; es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck, und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers. Zur Umschreibung des Kunstbegriffs dienen die Merkmale des Schöpferischen, des Ausdruckes persönlichen Erlebnisses, der Formgebung sowie der kommunikativen Sinnvermittlung".
b) Eigenschöpferische Leistung mit gewisser Gestaltungskraft
Das Element "eigenschöpferische Leistung" wird dabei mithin als Ausfluss einer individuellen, nicht erlernbaren Begabung gesehen. Dies unterscheidet z.B. Kunst von der Ausübung eines bloßen Handwerks, das zwar auch eine Grundbegabung voraussetzt, aber im Wesentlichen eine durch Erlernen gewonnene Fertigkeit umsetzt.
Wertende Betrachtung des Einzelfalls: Ob die benannten Voraussetzungen vorliegen, ist im Wege einer – auf Grundlage einer sachverständigen Fachkunde vorzunehmenden – wertenden Betrachtung zu entscheiden. Ausschlaggebend sind hierbei die konkreten Verhältnisse des Einzelfalls.
Verkehrsauffassung: Allerdings kommt dabei auch der Verkehrsauffassung eine entscheidende Rolle zu. Nicht ausreichend sind aber lediglich einzelne Stimmen von Kunden, die entsprechenden Produkten eine große Wertschätzung entgegenbringen, sondern es ist ein breiteres fachkundiges Publikum erforderlich, das das entsprechende Wirken als künstlerisch betrachtet. Dies wäre z.B. bei einem Kunstmaler der Fall, wenn er in entsprechenden Galerien gehandelt würde.
Beraterhinweis Wesentliches Merkmal des für § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG maßgeblichen Kunstbegriffs ist die eigenschöpferische Leistung, die eine gewisse Gestaltungshöhe/Gestaltungskraft erreicht. Ob dies der Fall ist, ist auch unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu entscheiden.
c) Liegt eine "künstlerische Tätigkeit" i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor?
Es lässt sich die Frage stellen, ob all diese Definitionen griffig sind. Insofern wird auch als problematisch gesehen, ob die aus Art. 20 Abs. 3 GG gebotene Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung hinreichend bei den gängigen Definitionsansätzen für den Begriff Kunst noch gewahrt ist.
Bestimmte berufliche Qualifikation nicht erforderlich: Anders als bei den Katalogberufen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist eine bestimme berufliche Qualifikation nicht erforderlich. Somit kann etwa
- bildender Künstler (Ma...