Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Leitsatz
Unter § 8c KStG fallen alle rechtsgeschäftlichen entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragungen, damit auch Anteilsübergänge im Wege der vorweggenommenen Erbfolge.
Sachverhalt
An der X-GmbH sind V zu 66,67 % und dessen Sohn S1 zu 33,33 % beteiligt. Im Jahr 2008 übertrug V auf S1 weitere 55 %. Der Schenkungsvertrag sah vor, dass die Zuwendung im Rahmen einer Erbauseinandersetzung nicht gemäß §§ 2050, 2052 BGB zur Ausgleichung zu bringen ist. S1 muss sich den Verkehrswert im Zeitpunkt der Übertragung auf seinen Pflichtteil am Nachlass des V anrechnen lassen. Nach einer Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die vortragsfähigen Verluste durch die Übertragung von mehr als 50 % der Anteile gemäß § 8c KStG untergegangen seien. Im Klageverfahren beantragte die Klägerin unter Hinweis auf Tz. 4 des BMF-Schreibens vom 04.07.2008 (BStBl I 2008, 736) von einer Anwendung des § 8c KStG im Wege einer Billigkeitsmaßnahme gemäß 163 AO abzusehen. Den Antrag lehnte das Finanzamt ab.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück. Unter § 8c KStG fallen alle rechtsgeschäftlichen entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragungen. Im Ergebnis ist bei der Auslegung des § 8c KStG entscheidend auf den Gesetzeswortlaut abzustellen, wonach eine Anteilsübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge als rechtsgeschäftliche Übertragung zu einem schädlichen Anteilseigerwechsel führt. Für eine gegenteilige Auslegung liegen keine hinreichenden Gründe vor; vielmehr wäre es Sache des Gesetzgebers gewesen, die vorweggenommene Erbfolge ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich des § 8c KStG auszunehmen. Auch die auf Billigkeitsmaßnahmen gerichteten Hilfsanträge haben keinen Erfolg. Selbst wenn in dem BMF Schreiben eine Billigkeitsregelung zu sehen sein sollte, ist festzustellen, dass es der Finanzverwaltung nicht erlaubt ist, Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227 AO für solche Fallgestaltungen zu treffen, in denen die Besteuerung der Gesetzeslage entspricht und in denen es an sachlichen, vom Gesetzgeber nicht gewollten Härten fehlt. Eine sachliche Unbilligkeit kann auch nicht mit der besonderen Nähe des Anteilserwerbers zum früheren Anteilseigner begründet werden, ansonsten würde dies eine Privilegierung von Körperschaften gegenüber Einzelunternehmen und Personengesellschaften bedeuten.
Hinweis
Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts zugelassen, weil die Entscheidung von Tz. 4 des BMF-Schreibens vom 04.07.2008 (BStBl I 2008, 736) abweicht.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 04.11.2015, 9 K 3478/13 F