Leitsatz
Der Verschonungsabschlag für den Erwerb eines Anteils an einer KG fällt bei Veräußerung des Anteils, im Falle der Betriebsaufgabe oder bei der Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen nachträglich (anteilig) weg. Die bloße Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der KG führt jedoch noch nicht zum anteiligen Wegfall des Verschonungsabschlags.
Normenkette
§ 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4 Satz 2, Abs. 5 Satz 2 ErbStG a.F.
Sachverhalt
Der am 2.6.2010 verstorbene Erblasser wurde von dem Kläger und seinem Bruder je zur Hälfte beerbt. Der Erblasser war zum Zeitpunkt seines Todes als Kommanditist an einer KG beteiligt. Das FA berücksichtigte bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer gegen den Kläger nach § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. einen Verschonungsabschlag i.H.v. 85 % von dem auf den Kläger entfallenden Wert des KG-Anteils des Erblassers.
Am 1.6.2014 wurde über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Januar 2015 wurden wesentliche Teile des Betriebsvermögens durch den Insolvenzverwalter veräußert.
Das FA gewährte daraufhin in einem Änderungsbescheid den Verschonungsabschlag nur noch anteilig für drei Jahre. Der Einspruch blieb erfolglos. Mit der Klage begehrte der Kläger die anteilige Berücksichtigung des Verschonungsabschlags für vier Jahre. Das FG wies die Klage ab (FG Nürnberg, Urteil vom 26.4.2018, 4 K 571/16, Haufe-Index 11781775, EFG 2018, 1276).
Entscheidung
Der BFH gab der Revision des Klägers statt und änderte den angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid wie vom Kläger mit der Klage begehrt. Nicht bereits die Auflösung der KG, sondern erst die Veräußerung wesentlicher Teile des Betriebsvermögens durch den Insolvenzverwalter habe zum anteiligen Wegfall des Verschonungsabschlags geführt.
Hinweis
Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit den Folgen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Personengesellschaft auf den Verschonungsabschlag.
1. Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG in der im Jahr 2010 geltenden Fassung (ErbStG a.F.) bleibt der Wert von Betriebsvermögen, land‐ und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. insgesamt außer Ansatz (Verschonungsabschlag).
a) Der Verschonungsabschlag fällt gemäß § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG a.F. mit Wirkung für die Vergangenheit u.a. weg, soweit der Erwerber einen Anteil an einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG innerhalb von fünf Jahren (Behaltensfrist) veräußert; als Veräußerung gilt dabei auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs der Gesellschaft. Gleiches gilt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden (§ 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 ErbStG a.F.).
b) Beim Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG a.F. fällt der Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber den Anteil ganz oder teilweise veräußert (§ 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 ErbStG a.F.). Gleiches gilt, wenn die Kapitalgesellschaft innerhalb der Frist aufgelöst wird (§ 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG a.F.).
c) Der Wegfall des Verschonungsabschlags beschränkt sich in den Fällen des § 13a Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1, 2, 4 und 5 ErbStG a.F. auf den Teil, der sich aus dem Verhältnis der im Zeitpunkt der schädlichen Verfügung verbleibenden Behaltensfrist einschließlich des Jahres, in dem die Verfügung erfolgt, zur gesamten Behaltensfrist ergibt (§ 13a Abs. 5 Satz 2 ErbStG a.F.).
2. Auf die Gründe für die Veräußerung oder Betriebsaufgabe kommt es für die Nachversteuerung nicht an. Daher führen z.B. auch die zwangsweise Betriebsveräußerung aufgrund gesetzlicher Anordnung, die insolvenzbedingte Aufgabe des Betriebs oder die insolvenzbedingte Veräußerung des Betriebsvermögens zum anteiligen Wegfall des Verschonungsabschlags.
3. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer KG führt wie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft zur Auflösung der Gesellschaft. Für die KG folgt dies aus § 161 Abs. 2 i.V.m. § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB, für Kapitalgesellschaften aus § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG und aus § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG.
a) Ertragsteuerrechtlich führt die Auflösung der Kapitalgesellschaft zu einer Veräußerung i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG (§ 17 Abs. 4 Satz 1 EStG). Erbschaftsteuer‐ und schenkungsteuerrechtlich führt die Auflösung der Kapitalgesellschaft zum nachträglichen Wegfall des Verschonungsabschlags (§ 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG a.F.). Folglich fällt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft die Steuervergünstigung nach § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. für den Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft anteilig rückwirkend weg.
b) Demgegenüber führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer KG ertragsteuerrechtlich nicht zu einer Betriebsaufgabe...