a) Einführung
De lege ferenda wird in § 19 Abs. 3 InvStG die Wegzugsbesteuerung für Investmentanteile geregelt.
Soweit ein unbeschränkt Steuerpflichtiger seine Investmentanteile nach § 19 Abs. 3 S. 1 InvStG nicht im BV hält, stehen der Veräußerung von Investmentanteilen zum gemeinen Wert
- die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht des Anlegers infolge der Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts;
- die unentgeltliche Übertragung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person; sowie
- vorbehaltlich der vorgenannten Tatbestände, der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Investmentanteile
gleich.
Dabei ist nach § 19 Abs. 3 S. 2 InvStG die Wegzugsbesteuerung nur dann relevant, wenn
- die Summe der nach § 19 Abs. 1, § 22 und § 56 InvStG ermittelten steuerpflichtigen Gewinne insgesamt positiv ist und
- der Anleger entweder innerhalb der letzten fünf Jahre vor der fiktiven Veräußerung unmittelbar oder mittelbar mindestens 1 % der ausgegebenen Investmentanteile gehalten hat, oder im Zeitpunkt der fiktiven Veräußerung unmittelbar oder mittelbar Investmentanteile an dem Investmentfonds hält, deren AK mindestens 500.000 EUR betragen.
b) Tatbestandsvoraussetzungen
Aus den vorstehend dargestellten Regelungen in § 19 Abs. 3 S. 1 und 2 InvStG lassen sich die nachfolgenden Tatbestandsvoraussetzungen ableiten:
- unbeschränkte Steuerpflicht
- Investmentanteile
- Investmentanteile werden nicht in einem BV gehalten
- wegzugssteuerrelevantes Ereignis
- positive Summe der steuerpflichtigen Gewinne
- relevante Beteiligung
Unbeschränkt Steuerpflichtiger i.S.d. § 19 Abs. 3 InvStG: Allen voran stellt sich die Frage danach, wer unbeschränkt Steuerpflichtiger i.S.d. § 19 Abs. 3 InvStG sein kann. Der persönliche Anwendungsbereich ergibt sich aus § 19 Abs. 3 S. 3 InvStG i.V.m. § 6 Abs. 2 AStG. Unbeschränkt Steuerpflichtige sind danach solche Personen, die innerhalb der letzten zwölf Jahre vor dem wegzugssteuerrelevanten Ereignis insgesamt mindestens sieben Jahre unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 1 EStG gewesen sind. Auch dazu zählen Vorbesitzzeiten des Rechtsvorgängers bei unentgeltlichem Erwerb.
Halten von Investmentanteilen ...: Die unbeschränkt steuerpflichtige Person muss zudem Investmentanteile halten. Dabei handelt es sich qua Definition in § 2 Abs. 4 S. 1 InvStG um einen Anteil an einem Investmentfonds – unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung des Anteils oder des Investmentfonds. Dies wird auch für ausländische Investmentanteile sowie für Investmentanteile in ausländischen Depots gelten.
... nicht im BV: Weitere Voraussetzung ist, dass die Anteile nicht in einem BV gehalten werden. Der Hintergrund liegt darin, dass Investmentanteile, die in einem steuerlichen BV gehalten werden, bereits de lege lata einer Entstrickungsbesteuerung unterliegen – sei es z.B. wegen § 4 Abs. 1 S. 3 EStG, § 16 Abs. 3a EStG oder § 12 KStG. Denkbar waren auch Fälle des § 6 AStG, wenn die Investmentanteile in einem BV einer Kapitalgesellschaft bilanziert wurden. Durch den Wegzug des Anteilseigners kam es damit mittelbar zu einer Besteuerung der Investmentanteile. Der alleinige Einbezug von im PV gehaltenen Investmentanteilen ist auch folgerichtig, da letztlich nur Investmentanteile des steuerlichen PV bislang keiner Entstrickungs- oder Wegzugsbesteuerung zugänglich waren.
Wegzugssteuerrelevantes Ereignis: Schließlich muss ein wegzugssteuerrelevantes Ereignis gegeben sein. Die Definition des wegzugssteuerrelevanten Ereignisses folgt der gesetzlichen Anordnung in § 19 Abs. 3 S. 1 InvStG und umfasst – vollständig analog zu § 6 Abs. 1 S. 1 AStG –
- die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht des Anlegers infolge der Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts (§ 19 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 InvStG),
- die unentgeltliche Übertragung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person (§ 19 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 InvStG) sowie und
- subsidiär zu den vorgenannten Tatbeständen, den Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Investmentanteile (§ 19 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 InvStG).
Positive Summe der steuerpflichtigen Gewinne: Zudem muss die Summe der nach § 19 Abs. 1, § 22 und § 56 InvStG ermittelten steuerpflichtigen Gewinne gemäß der Anordnung in § 19 Abs. 3 S. 2 InvStG insgesamt positiv sein. Eine solche gesetzliche Anordnung findet sich nicht im Wortlaut des § 6 AStG, sondern ist allein auf die Rechtsprechung in diesem Kontext zurückzuführen. Da sich die Gewinne im InvStG auch infolge der Investmentsteuerreform – im Gegensatz zu § 6 AStG – aus verschiedenen Komponenten zusammensetzen, ist aus Gründen der Klarstellung eine gesetzliche Anordnung und Definition des Gewinns hilfreich. Es wird anzunehmen sein, dass eine Verrechnung zwischen gewinnträchtigen und verlustträchtigen Investmentanteilen analog zur Finanzverwaltungsauffassung im Kontext des § 6 AStG verwaltungsseitig...