a) Erweitert unbeschränkte Steuerpflicht

Nach einem Wegzug ist allen voran die sog. erweitert unbeschränkte Steuerpflicht relevant, die sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 lit. b ErbStG ergibt. Demnach gelten als unbeschränkt steuerpflichtige Inländer

  • solche Personen,
  • die die deutsche Staatsangehörige haben und
  • die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben.[45]

Die fünfjährige Frist beginnt mit der Aufgabe des inländischen Wohnsitzes.[46]

Gesetzliches Ziel und Rechtsfolge: Die erweitert unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht soll verhindern, dass durch kurzfristige Wegzüge ins Ausland eine inländische Erbschaftsteuerbelastung vermieden wird.[47] Folge der erweitert unbeschränkten Steuerpflicht ist die Besteuerung des Weltvermögens.[48]

[45] Im Falle des DBA USA verlängert sich die Frist auf 10 Jahre (Art. 4 Abs. 3 DBA USA/ErbSt), vgl. dazu im Detail von Oertzen in von Oertzen/Loose, Art. 4 DBA-Erb USA Rz. 22 ff. (2. Aufl. 2019).
[46] Schienke-Ohletz in von Oertzen/Loose, § 2 ErbStG Rz. 17 (2. Aufl. 2019).
[47] Schienke-Ohletz in von Oertzen/Loose, § 2 ErbStG Rz. 17 (2. Aufl. 2019).
[48] Schienke-Ohletz in von Oertzen/Loose, § 2 ErbStG Rz. 1 (2. Aufl. 2019).

b) Beschränkte Steuerpflicht

Daneben sind im Zeitraum nach Wegzug beschränkte Erbschaftsteuern relevant, wenn Inlandsvermögen gegeben ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG).

Inlandsvermögen nach § 121 BewG: Der Begriff des Inlandsvermögens richtet sich nach § 121 BewG und umfasst u.a.

  • das inländische Grundvermögen[49],
  • das inländische Betriebsvermögen[50] und
  • Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften, wenn die Beteiligungsquote mindestens 10 % beträgt.[51]

Beachten Sie: Solche Gegenstände, die nicht in § 121 BewG genannt sind, gelten im Umkehrschluss nicht als Inlandsvermögen[52] und unterliegen in der weiteren Konsequenz keiner inländischen Erbschaftsteuer.

Folge der beschränkten Steuerpflicht ist eine Besteuerung nur des inländischen Vermögens i.S.d. § 121 BewG.[53]

[50] S. dazu § 121 Nr. 3 BewG. Für das Vorhandensein inländischen Betriebsvermögens ist zudem erforderlich, dass das Vermögen einem im Inland betriebenen Gewerbe dient, wenn hierfür im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird.
[52] Schienke-Ohletz in von Oertzen/Loose, § 2 ErbStG Rz. 33 (2. Aufl. 2019).
[53] Schienke-Ohletz in von Oertzen/Loose, § 2 ErbStG Rz. 1 (2. Aufl. 2019).

c) Erweitert beschränkte Steuerpflicht

Neben die vorstehenden Erbschaftsteuerpflichten tritt vorliegend auch die erweitert beschränkte Steuerpflicht nach § 4 AStG. Soweit die bereits vorstehend genannten Voraussetzungen des § 2 AStG erfüllt sind,[54] so ergibt sich bei einer bestehenden beschränkten Erbschaftsteuerpflicht eine Steuerpflicht über den dort bezeichneten Umfang hinaus für alle Teile des Erwerbs, deren Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i.S.d. § 34d EStG wären.

In der Folge wird ein erweitertes Inlandsvermögen der Besteuerung unterworfen, welches z.B. auch inländische Sparguthaben und Bankguthaben umfasst.[55]

[54] S. dazu Ziff. III.1.b.
[55] S. dazu BMF v. 22.12.2023 – IV B 5 - S 1340/23/10001 :001 – DOK 2023/1175923, BStBl. I 2023 Sondernr. 1, 2 Rz. 54 dort unter Nr. 1.

d) Bilaterale Schranken

Grundsatz: Etwa bestehende DBA ordnen das Besteuerungsrecht grundsätzlich nach Maßgabe des Art. 7 OECD-MA/ErbSt dem Ansässigkeitsstaat zu.

Ausnahme: Für Grundvermögen findet sich eine Ausnahme in Art. 5 OECD-MA/ErbSt, die insoweit das Besteuerungsrecht dem Belegenheitsstaat zuordnet.[56] Eine Zuordnung der Besteuerungsrechte für bewegliches Betriebsstättenvermögen zum Betriebsstättenstaat ergibt sich aus Art. 6 OECD-MA/ErbSt.[57]

Da die Anzahl der DBA im erbschaftsteuerlichen Kontext mit gerade einmal (theoretisch) sechs[58] Abkommen recht überschaubar ist, soll vorliegend die Allokation der Besteuerungsrechte nach einem DBA nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden.

[56] S. dazu im Detail und im Hinblick auf die Methodik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung Eisele in Kapp/Ebeling, § 21 ErbStG Rz. 49 (Nov. 2021).
[57] S. dazu im Detail und im Hinblick auf die Methodik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung Eisele in Kapp/Ebeling, § 21 ErbStG Rz. 50 (Nov. 2021).
[58] Vgl. dazu BMF v. 15.1.2024 – IV B 2 - S 1301/21/10048 :003 – DOK 2024/0002190, BStBl. I 2024, 193 unter Ziff. 2.

e) Zwischenfazit

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland auch nach einem Wegzug für die einzelnen Vermögensgegenstände des Ausgangsbeispiels grundsätzlich wie folgt aufrechterhalten bleibt:[59]

 
  GmbH-Beteiligung KG-Beteiligung Immobilie Tagesgeldkonto
Besteuerungs-zugriff (+) (+) (+)

(+)

bei §§ 2, 4 AStG
[59] Die Regelungen im Doppelbesteuerungsabkommen wurden vorliegend mangels internationaler Relevanz außen vor gelassen.

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