1. Anknüpfungspunkte für die Besteuerung
Allen voran sollen die Anknüpfungspunkte der Besteuerung für die Zeiträume vor Wegzug bzw. mit Wegzug dargestellt werden, die im Weiteren in ertragsteuerliche und erbschaftsteuerliche Anknüpfungspunkte unterteilt werden.
a) Ertragsteuerliche Anknüpfungspunkte
Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht: Anknüpfungspunkt der Besteuerung mit Einkommensteuer ist die unbeschränkte Steuerpflicht. Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz (§ 8 AO) oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) haben, sind nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Folge der unbeschränkten Steuerpflicht ist die Besteuerung des Welteinkommens nach § 2 Abs. 1 EStG.
Ein weiterer Anknüpfungspunkt der Besteuerung findet sich in § 1 Abs. 2 EStG für Bedienstete mit deutscher Staatsangehörigkeit, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und daraus aus einer öffentlichen Kasse einen Arbeitslohn beziehen (sog. Kassenstaatprinzip). Letztlich ergibt sich eine unbeschränkte Steuerpflicht infolge der Rechtsprechung in Sachen Schumacker in § 1 Abs. 3 EStG für solche Personen, die einen entsprechenden Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht stellen.
Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG: Mit Wegzug resultiert ein weiterer Anknüpfungspunkt für die Besteuerung solcher Steuerpflichtiger, die im Zeitpunkt des Wegzuges eine Beteiligung i.S.d. § 17 EStG halten. Insoweit kann mit einem Wegzug eine Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG greifen. Die Wegzugsbesteuerung knüpft dabei tatbestandsseitig in § 6 Abs. 1 S. 1 AStG
- an die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht infolge der Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts,
- an die unentgeltliche Übertragung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person sowie
- subsidiär an den Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile an.
Rechtsfolge ist eine Besteuerung der stillen Reserven in den Anteilen, da der Wegzug als Veräußerung gilt.
Eine ähnliche Regelung ergibt sich mit Wegzug für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens bzw. für betriebliche Sachgesamtheiten, wenn nach § 4 Abs. 1 S. 3 ff. EStG bzw. § 16 Abs. 3a EStG mit dem Wegzug ein Ausschluss oder eine Beschränkung inländischer Besteuerungsrechte einhergeht. Insoweit gelten die Wirtschaftsgüter respektive die betrieblichen Sachgesamtheiten fiktiv als entnommen.
b) Erbschaftsteuerliche Anknüpfungspunkte
Soweit ein Wohnsitz oder ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland besteht, so ist auch eine unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 lit. a ErbStG gegeben. Dabei knüpft die Steuerpflicht sowohl an den Schenker bzw. Erblasser als auch an den Erwerber an und erstreckt sich auf das Weltvermögen. Daneben besteht – ähnlich den ertragsteuerlichen Anknüpfungspunkten für eine Besteuerung – ein Kassenstaatprinzip in § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 lit. c ErbStG.
2. Ausgangsbeispiel
Für die nachfolgenden Betrachtungen soll das unten dargestellte Ausgangsbeispiel gebildet werden, wonach der hier infragestehende Steuerpflichtige
- einen 100%igen Anteil an einer GmbH hält;
- eine 50%ige Kommanditbeteiligung an einer originär gewerblich tätigen KG mit Betriebsstätte im Inland innehat;
- eine inländische Immobilie besitzt; und
- ein inländisches Tagesgeldkonto unterhält.
Reorganisationen sind in der Vergangenheit nicht erfolgt.
Das Ausgangsbeispiel lässt sich wie folgt skizzieren:
Mit Wegzug stellt sich für die Anteile an der GmbH eine Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG ein.
Für die inländische Kommanditbeteiligung dürfte sich keine Entstrickungsbesteuerung nach § 16 Abs. 3a i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 3 ff. EStG ergeben, wenn qua originär gewerblicher Einkünfte eine inländische Betriebsstätte unterhalten wird.