Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
Rz. 17
Das Grunderwerbsteuergesetz selbst enthält keine Regelungen zur Haftung Dritter. In § 13 GrEStG wird lediglich der Steuerschuldner in Bezug auf bestimmte Erwerbsvorgänge definiert. Für die Frage der Haftung ist daher auf die einschlägigen Bestimmungen der AO zurückzugreifen. Unter dem steuerrechtlichen Begriff der Haftung versteht man das Einstehenmüssen für eine fremde Steuerschuld. Schon hieraus folgt, dass ein Anspruch auf Haftung nur dann entstehen kann, wenn auch eine Steuerschuld gegeben ist. Die Haftungsschuld ist akzessorisch zur Steuerschuld (vgl. BFH v. 24.6.1986, VII R 193/82, BStBl II 1986, 872). Auch setzt eine Haftungsschuld das Vorliegen entweder eines gesetzlichen Haftungstatbestands oder eine vertraglich begründete Haftung voraus.
Rz. 18
Die AO enthält zwar eine Reihe von Haftungsvorschriften (§§ 69 bis 76 AO). Von diesen Haftungstatbeständen haben für die Grunderwerbsteuer allerdings nur die §§ 69 und 71 AO Bedeutung. § 69 AO beschreibt den haftenden Personenkreis und führt hierbei die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen sowie die verfügungsberechtigten Personen an. Als gesetzliche Vertreter kommen die Eltern ehelicher Kinder, der Vorstand einer Aktiengesellschaft oder der Geschäftsführer einer GmbH in Betracht (vgl. § 34 AO). Verfügungsberechtigte Personen sind z. B. Bevollmächtigte (vgl. § 35 AO). Alle diese Personen haften, soweit sie eine der ihnen obliegenden Pflichten (vgl. §§ 34, 35 AO) schuldhaft (vorsätzlich oder grob fahrlässig) verletzt haben und diese Pflichtverletzung die Ursache für den Haftungsschaden war. Zu diesen Pflichten gehören im Bereich der Grunderwerbsteuer die fristgerechte Entrichtung der Grunderwerbsteuerschuld und die Anzeigepflichten nach § 19 GrEStG. Nach § 71 AO haftet derjenige für verkürzte Steuern, der eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat beteiligt ist.
Eine Anwendung des § 73 AO für den Bereich der Grunderwerbsteuer scheidet aus, weil die zivilrechtliche Eigenständigkeit der juristischen Personen auch grunderwerbsteuerrechtlich respektiert wird. § 74 bezieht sich ausdrücklich auf die Erstattung von Steuervergütungen und auf Betriebsteuern, sodass er für die Grunderwerbsteuer, die keine Betriebsteuer ist, keine Bedeutung entfaltet. Entsprechendes gilt für § 75 AO, der die Haftung des Betriebsübernehmers anspricht.
Rz. 19
Die steuerrechtlichen Haftungsvorschriften der §§ 69f. AO schließen privatrechtliche oder zivilrechtliche Haftungsansprüche nicht aus. Auch solche Haftungsansprüche können daher eine öffentlich-rechtliche Haftung für Steuerschulden begründen (vgl. § 191 Abs. 4 AO). Für den Bereich der Grunderwerbsteuer kommen hier die Haftung des Erwerbers eines Handelsgeschäfts (§ 28 BGB), die Haftung des eintretenden Gesellschafters (§§ 130, 173 HGB) oder die unbeschränkte Haftung des Gesellschafters einer OHG (§§ 128, 159 HGB) bzw. des persönlich haftenden Gesellschafters (Komplementär) einer KG (§§ 161, 128, 159 HGB) in Betracht. Des Weiteren sind zu nennen: die Haftung der Kommanditisten (§§ 171, 172, 176 HGB), die Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA (§ 278 AktG), die Haftung der vor Eintragung einer GmbH in das Handelsregister im Namen der GmbH Handelnden (§ 11 Abs. 2 GmbHG) sowie die Haftung des vor Eintragung einer AG in deren Namen Handelnden (§ 41 Abs. 1 AktG).
Haftungsschuldner ist auch der Gesellschafter einer GbR für die in ihrer Person entstandene Grunderwerbsteuer (vgl. BFH v. 31.7.1991, II B 38/91, BFH/NV 1992, 56). Da nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Rechtsfähigkeit der GbR und die Gesellschafterhaftung für deren Verbindlichkeiten – auch wenn sie gesetzlich begründet sind – unbestritten ist und selbst die persönliche Haftung eines neu eintretenden Gesellschafters für früher begründete Verbindlichkeiten bejaht wird (vgl. BGH v. 24.2.2003, II ZR 385/99, NJW 2003, 1445, und BFH v. 7.4.2003, II ZR 56/02, NJW 2003, 1803), ist die abweichende frühere Rechtsprechung des BFH überholt. Dieser hatte noch in seinem Urteil v. 2.2.1994, II R 7/91 (BStBl II 1995, 300) die Auffassung vertreten, dass die Haftung des Gesellschafters einer GbR für die Grunderwerbsteuer voraussetze, dass dieser an dem die Steuer auslösenden rechtsgeschäftlichen Handeln entweder selbst oder aber ein zum Handeln berechtigter Vertreter beteiligt war. Entsprechendes gilt für das Urteil des BFH v. 21.6.1995, II R 7/91 (BFH/NV 1996, 71), in dem der BFH eine Haftung für eine Grunderwerbsteuerschuld ausschloss, die vor Eintritt des Gesellschafters entstanden war. Der Gesellschafter einer GbR haftet mithin nach § 191 Abs. 1 AO i. V. m. § 128 HGB (analog) für die Grunderwerbsteuerschuld der Gesellschaft (vgl. FinMin Baden-Württemberg v. 18.12.2012, 3-453.5/3, DB 2013, 95, Ziff. 3).
Bei einem nicht rechtsfähigen Verein ist der Umfang der Haftung der Vereinsmitglieder regelmäßig durch ihren Anteil am Vereinsvermögen begrenzt. Etwas anderes kann allerdings dann gelten, w...