Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
Rz. 1
Die Eintragung des Erwerbers eines Grundstücks als Eigentümer in das Grundbuch verlangt nach § 22 Abs. 1 S. 1 GrEStG regelmäßig die Vorlage einer Bescheinigung des für die Besteuerung zuständigen Finanzamts (§ 17 Abs. 1 GrEStG), aus der sich ergibt, dass der Eintragung steuerliche Bedenken nicht entgegenstehen (Unbedenklichkeitsbescheinigung). Nach § 22 Abs. 1 S. 2 GrEStG können hiervon Ausnahmen durch die obersten Finanzbehörden der Länder im Einvernehmen mit den Landesjustizverwaltungen zugelassen werden.
Die obersten Finanzbehörden der Länder haben von dieser gesetzlichen Ermächtigung Gebrauch gemacht und sich mit den jeweiligen Landesjustizverwaltungen darauf verständigt, in welchen Fällen Personen bzw. Erwerber als Eigentümer oder als Erbbauberechtigte in das Grundbuch eingetragen werden können, ohne dass eine Unbedenklichkeitsbescheinigung vorgelegt wird. Die entsprechenden Regelungen sind zwar nicht bundeseinheitlich, was insbesondere auch der jeweils notwendigen Abstimmung mit den Landesjustizverwaltungen geschuldet ist, stimmen aber dennoch weitgehend überein.
In Baden-Württemberg z. B. kann aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Eintragung in das Grundbuch auch ohne Vorliegen einer Unbedenklichkeitsbescheinigung erfolgen
- bei einem Grundstückserwerb von Todes wegen;
- beim Erwerb eines Grundstücks, wenn die Gegenleistung 2.500 EUR nicht übersteigt und ausschließlich in Geld besteht oder durch Übernahme von Hypotheken oder Grundschulden abgegolten wird;
- beim Grundstückserwerb durch den Ehegatten oder den Lebenspartner des Veräußerers;
- bei Rechtsvorgängen zwischen Personen, die miteinander in gerader Linie verwandt sind. Den Verwandten in gerader Linie stehen ihre Ehegatten oder ihre Lebenspartner gleich;
- bei Erbauseinandersetzungen, wenn ein beurkundeter Erwerbsvorgang nach § 3 Nr. 3 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen ist;
- beim Grundstückserwerb durch die Bundesrepublik Deutschland, durch ein Land oder durch eine Gemeinde (einen Gemeindeverband).
Vgl. hierzu FinMin Baden-Württemberg v. 22.11.1996, S 4540/9, i. d. F. des Erlasses v. 24.5.2011, 3 – S 4540/9.
Die Regelung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen v. 8.7.2011, 36-S 4540-001-26 175/11, sieht den Eintrag von Personen als Eigentümer oder als Erbbauberechtigte in das Grundbuch unter Verzicht auf die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung vor,
- wenn sie Alleinerbe oder Miterben des eingetragenen Eigentümers oder Erbbauberechtigten sind und die Erbfolge durch einen Erbschein oder eine öffentlich beurkundete Verfügung von Todes wegen zusammen mit der Niederschrift über die Eröffnung dieser Verfügung nachgewiesen wird;
- wenn sie Alleinerbe oder Miterben eines verstorbenen Alleinerben oder eines verstorbenen Miterben sind, ohne dass die vorhergegangene Erbfolge in das Grundbuch eingetragen wurde, und die Erbfolgen durch die oben genannten Urkunden nachgewiesen werden;
- wenn der Erwerb ein geringwertiges Grundstück oder Erbbaurecht betrifft, die Gegenleistung 2.500 EUR nicht übersteigt und sie ausschließlich in Geld oder durch Übernahme bestehender Hypotheken oder Grundschulden entrichtet wird;
- beim Erwerb durch den Ehegatten oder den Lebenspartner des Veräußerers;
- bei Erwerbsvorgängen zwischen Personen, die in gerader Linie verwandt sind. Den Abkömmlingen stehen die Stiefkinder gleich. Den Verwandten in gerader Linie sowie den Stiefkindern stehen deren Ehegatten oder deren Lebenspartner gleich;
- beim nach § 4 Nr. 1 GrEStG steuerfreien Übergang des Eigentums an einem Grundstück von einer Gebietskörperschaft auf eine andere anlässlich der Übertragung der Straßenbaulast nach § 6 Abs. 1 S. 1 FStrG oder Art. 11 Abs. 4 S. 1 BayStrWG;
- beim Grundstückserwerb durch die Bundesrepublik Deutschland, durch ein Land oder durch eine Gemeinde.
Wegen den spezifischen Regelungen in den anderen Ländern ist auf die dortigen Verwaltungsanweisungen zu verweisen, z. B. OFD Niedersachsen v. 21.7.2011, S 4540-37-St 262, ZEV 2012, 172; FinMin Hessen v. 11.7.2007, StED 2007, 540; FinMin Nordrhein-Westfalen v. 29.6.2007, HEB 2009 Rz. 12 und FinMin Rheinland-Pfalz v. 18.8.1999 u. 3.7.2000, S 4540 A – 99-0002-04-446 sowie v. 14.11.2006, S 4540 A – 06-002-03-446, in der jeweils geltenden Fassung.
Rz. 2
Nach den o. a. Länderregelungen ist in bestimmten Fällen, insbesondere beim Erwerb eines Grundstücks durch Ehegatten nach Bruchteilen oder zur gesamten Hand, nur eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen. Außerdem ist in allen angeführten Ausnahmefällen stets eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen, wenn sie vom Grundbuchamt verlangt wird. Die Anzeigepflicht der Gerichte, Behörden und Notare nach § 18 GrEStG bleibt unberührt.
Bevor das Grundbuchamt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des FA anfordert, hat es zunächst in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob überhaupt ein grunderwerbsteuerpflichtiger Erwerbsvorgang gegeben ist. Nur wenn dies sicher zu verneinen ist, wäre das Verlangen auf Vorlage einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung des FA ...