Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
4.1 Allgemeines
Rz. 14
Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 GrEStG regelt die Ausnahme vom Grundsatz des § 8 Abs. 1 GrEStG, dass Bemessungsgrundlage der Wert der Gegenleistung ist. Sie sieht in 3 bestimmten Fällen eine Bemessung der Steuer nach den Werten i. S. d. § 138 Abs. 2 bis 4 BewG vor. Diese Werte sind maßgebend,
Bei den in § 8 Abs. 2 GrEStG genannten Fällen handelt es sich um eine abschließende Aufzählung. Ein Ansatz der Werte i. S. d. § 138 Abs. 2 bis 4 BewG in anderen Fällen ist daher nicht zulässig.
Der Grundbesitzwert bzw. Grundstückswert wurde zum 1.1.1997 vom Gesetzgeber als maßgebliche Bemessungsgrundlage für die Fälle des § 8 Abs. 2 GrEStG vorgesehen. Er trat an die Stelle des zuvor in diesen Fällen geltenden Einheitswerts des Grundstücks (vgl. §§ 8 Abs. 2, 10 GrEStG a. F.). § 8 Abs. 2 GrEStG i. d. F. des Gesetzes vom 20.12.1996 (BGBl I 1996, 2049; BStBl I 1996, 1523) ist gem. § 23 Abs. 4 S. 1 GrEStG erstmals auf Erwerbsvorgänge anwendbar, die nach dem 31.12.1996 verwirklicht wurden. Hintergrund dieser Neuregelung war die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur früheren Einheitsbewertung (BVerfG v. 22.6.1995, BStBl II 1995, 665 und 671). Die Grundbesitz- bzw. Grundstückswerte werden nur für die konkreten Erwerbsvorgänge auf den jeweiligen Besteuerungszeitpunkt festgestellt, sie werden daher auch als Bedarfswerte bezeichnet. Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse an diesem konkreten Zeitpunkt. Bis einschließlich 2006 galten die Wertverhältnisse vom 1.1.1996 (§ 138 Abs. 4 BewG a. F.). Mit Art. 18 des Jahressteuergesetzes 2007 v. 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878f.; BStBl I 2007, 28) sind ab 1.1.2007 neben den tatsächlichen Verhältnissen vom Besteuerungszeitpunkt auch die Wertverhältnisse des Besteuerungszeitpunkts maßgebend. Der festgestellte Grundbesitzwert ist nach § 139 BewG auf volle 500 EUR nach unten abzurunden.
4.2 Verfassungskonformität des § 8 Abs. 2 GrEStG
Rz. 15
Die Verfassungskonformität des § 8 Abs. 2 GrEStG wurde in der Kommentierung zu Recht schon seit geraumer Zeit in Zweifel gezogen. Besonders zweifelhaft war es, ob die unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen in § 8 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG (Gegenleistung und – ausnahmsweise – Grundbesitzwert) im Hinblick auf den Gleichheitssatz des Art. 3 GG mit der Verfassung in Einklang stehen würden. Ausschlaggebend dafür ist der Umstand, dass im Regelbemessungsfall (Ansatz der Gegenleistung) idealtypischerweise der gemeine Wert (Verkehrswert) abgebildet wird und praktisch zum Ansatz kommt, während die in den Fällen des § 8 Abs. 2 GrEStG der Besteuerung zugrunde zu legenden Grundbesitzwerte bei Weitem nicht das Verkehrswertniveau erreichen. Dies war bereits nach den empirischen Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts zur Anwendung der §§ 138ff. BewG bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer der Fall. Für die Grunderwerbsteuer gilt hier nichts anderes, weil die §§ 138ff. BewG insoweit keine abweichenden Bemessungskriterien vorsehen.
Grundsätzlich bestehen gegen den in § 8 Abs. 2 GrEStG verwendeten Ansatz typisierender Werte zwar keine verfassungsrechtlichen Einwände. Insbesondere erscheint die typisierende Bewertung in den Fällen des § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 3 GrEStG mit Art. 3 GG vereinbar. Kritisiert wird aber die Typisierung in den Fällen des § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GrEStG, in denen eine Gegenleistung durchaus vorhanden ist (vgl. hierzu Hofmann, GrEStG, 8. Aufl., § 8 Rz. 54 und 56; und Viskorf, in Boruttau, GrEStG, 16. Aufl. 2007, § 8 Rz. 15 und 15b). Letzterer hält mit seiner Kritik nicht zurück und führt u. a. aus:
Zitat
"Es ist völlig unverständlich und sachlich durch nichts gerechtfertigt, bei der für Zwecke der GrESt bedarfsweise vorzunehmenden Einzelwertermittlung ein Bewertungsverfahren anzuwenden, welches von vornherein nicht zum Ziel hat, Verkehrswerte oder zumindest Werte in der Nähe des Verkehrswerts zu ermitteln. Insoweit besteht eine deutliche Diskrepanz zur Regelung in § 12, die – wie die Regelung in § 8 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 – ebenfalls der Vereinfachung des Gesetzesvollzugs dienen soll, wonach im Einvernehmen mit dem Stpfl. von einer genauen Ermittlung der Steuer (gemeint ist der Gegenleistung) abgesehen und die Steuer pauschal festgesetzt werden kann, soweit das steuerliche Ergebnis nicht wesentlich geändert wird. Durch die Anknüpfung an die Grundbesitzwerte in § 8 Abs. 2 auch in den Fällen, in denen eine Gegenleistung tatsächlich vorliegt (Nr. 2), wird aber im Vergleich zu den Fällen des § 8 Abs. 1, wonach im Regelfall die (volle) Gegenleistung als Bemessungsgrundlage anzusetzen ist, das steuerliche Ergebnis in grober Weise geändert."
Beanstandet wurde in der Literatur auch die Bewertung der bebauten Grundstücke (vgl. Pahlke, in Pahlke/Franz, GrEStG, 3. Aufl. 2005, § 8 Rz. 62...