Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
2.1 Verhältnis zur Erbschaft- und Schenkungsteuer
Rz. 3
Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung sind der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes von der Grunderwerbsteuer ausgenommen (vgl. § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG). Die Grunderwerbsteuer tritt damit grundsätzlich hinter die Erbschaft- und Schenkungsteuer zurück; es besteht also ein gesetzessystematischer Vorrang der Erbschaft- und Schenkungsteuer vor der Grunderwerbsteuer (vgl. BVerfG v. 15.5.1984,1 BvR 464, 605/81 und 427, 440/82, BStBl II 1984, 608; siehe hierzu auch § 3 GrEStG Rz. 15, Rz. 17ff. und Rz. 38ff.).
Der Erwerb von Todes wegen i. S. d. Erbschaftsteuergesetzes ist im dortigen § 3 (vgl. § 3 GrEStG Rz. 17ff.) geregelt. Die Schenkungen i. S. d. Erbschaftsteuergesetzes ergeben sich aus dem dortigen § 7 (vgl. § 3 GrEStG Rz. 38ff.). Der Grundsatz einer Vermeidung der doppelten Steuerbarkeit für Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer nach § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG gilt auch dann, wenn keine Erbschaftsteuer entsteht, z. B. weil Erwerber aufgrund besonderer Bestimmungen des Erbschaftsteuergesetzes von der Besteuerung befreit sind. Dennoch kann es im Anwendungsbereich des § 3 Nr. 2 GrEStG insoweit zu einem Anfall von Grunderwerbsteuer kommen, als ein Beschenkter im Rahmen einer gemischten Schenkung zur Gegenleistung verpflichtet ist. Die Grunderwerbsteuer hat insofern nach Aufhebung des § 25 ErbStG durch das ErbStRG an Bedeutung zugenommen. Entscheidungen über die Erbschaft- oder Schenkungsteuer sind für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer bindend (so bereits RFH v. 13.3.1925, II A 134/25, RStBl 1925, 94). Im Grunderwerbsteuerverfahren darf also nicht mehr geprüft werden, ob die Erbschaftsteuer zu Recht erhoben ist. Im Fall widersprüchlicher Steuerfestsetzungen bei Erbschaft- und Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer finden die Grundsätze über widerstreitende Steuerfestsetzung Anwendung (§ 174 AO).
2.2 Verhältnis zur Umsatzsteuer
Rz. 4
Das Verhältnis der Grunderwerbsteuer zur Umsatzsteuer bestimmt sich nach § 4 Nr. 9a UStG. Diese Vorschrift beruht unionsrechtlich auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. j und k sowie auf Art. 371 i. V. m. Anhang X Teil B Nr. 9 der Richtlinie des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG. Danach besteht für die Mitgliedstaaten die Befugnis, die Lieferung von Gebäuden und Gebäudeteilen von der Umsatzsteuer zu befreien. Nach § 4 Nr. 9a UStG sind Umsätze, die unter das GrEStG fallen, umsatzsteuerfrei. Die Grunderwerbsteuer tritt also für Grundstücke an die Stelle der Umsatzsteuer. Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 9a UStG setzt nicht voraus, dass die Grundstücksveräußerung grunderwerbsteuerpflichtig ist; es kommt nur darauf an, dass sie grunderwerbsteuerbar ist. Wenn z. B. ein Grundstücksverkauf grunderwerbsteuerbar, aber wegen einer Befreiungsvorschrift des Grunderwerbsteuergesetzes grunderwerbsteuerfrei ist, oder wenn die Grunderwerbsteuer aus Billigkeitsgründen erlassen wird, so bleibt die Umsatzsteuerfreiheit trotzdem bestehen. Umgekehrt ist ein Umsatz, der nicht unter das GrEStG fällt, aber zu Unrecht zur Grunderwerbsteuer veranlagt ist, nicht umsatzsteuerfrei (vgl. RFH v. 14.12.1934, VA 360/34, RStBl 1935, 843).
Unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fällt grundsätzlich auch die Veräußerung eines Grundstücks. Grundstücksumsätze sind allerdings umsatzsteuerlich nur relevant, wenn sie von einem Unternehmer im Inland im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt ausgeführt werden. Der Leistungsempfänger muss hierbei kein Unternehmer sein. Unter Einhaltung dieser Voraussetzungen führt der Verkauf eines Grundstücks trotz der unterschiedlichen Anknüpfungspunkte bei der Grunderwerbsteuer (obligatorisches Verpflichtungsgeschäft) und der Umsatzsteuer (Erfüllungsgeschäft) zu einer umsatzsteuerbaren, jedoch § 4 Nr. 9a UStG umsatzsteuerfreien Lieferung und damit zur Vermeidung einer Doppelbelastung mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer, soweit nicht zulässigerweise auf die Umsatzsteuerfreiheit nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet wird.
Ungeachtet dessen ergibt sich eine Konkurrenzfrage zwischen Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer und eine hierin begründete mögliche Doppelbelastung insbesondere dann, wenn der Leistende, der Leistungsempfänger und das Leistungsobjekt umsatzsteuerlich und grunderwerbsteuerlich unterschiedlich bestimmt werden. Diese Divergenz wird vor allem beim sog. einheitlichen Leistungsgegenstand "bebautes Grundstück" (sog. einheitliches Vertragswerk) offensichtlich. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH zur Grunderwerbsteuer ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs bei einem objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen einem Grundstückskaufvertrag und weiteren, die künftige Bebauung des Grundstücks betreffenden Verträgen mit Dritten das Grundstück in bebautem Zustand. Zur Bemessungsgrundlage gehören insoweit alle Leistungen des Erwerbers, die dieser an Dritte und den Grundstücksveräußerer gewährt, um das Eigentum an dem (bebauten) Grundstück zu erwerben. Der Grunderwerbsteuer unterliegen damit in diesen Fällen auch di...