Leitsatz
Ist bei einer stillen Beteiligung an einer GmbH das Unternehmerrisiko schwach ausgebildet, weil der Verlust auf die Höhe der Einlage begrenzt und eine Mindestverzinsung von 15% vereinbart wurde, kann dieses Manko durch eine ausgeprägte Unternehmerinitiative ausgeglichen werden. Hat ein zu 30% am Stammkapital beteiligter stiller Gesellschafter das Sonderrecht, die Person des alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers zu bestimmen, so ist dieser Fall nicht anders zu beurteilen, als hätte er selbst die Geschäftsführerbefugnisse inne. Die Unternehmerinitiative ist damit in der Regel so stark ausgeprägt, dass eine atypische stille Gesellschaft angenommen wird.
Sachverhalt
Die Klägerin beteiligte sich am 18.12.1996 mit 500.000 DM an einer GmbH, was rund 30% von deren Stammkapital ausmachte. Der Vertrag über eine stille Gesellschaft sah insbesondere folgende streitentscheidende Regelungen vor: Die Geschäftsführung der stillen Gesellschaft obliegt ausschließlich der Inhaberin. Die Inhaberin darf folgende Verträge nur mit schriftlicher Einwilligung des stillen Gesellschafters vornehmen: Kooperationsverträge, Lizenz- und Franchiseverträge, Verträge mit Gesellschaftern Tätigkeitsvergütungen für Beiratsmitgliedern, Kapitalerhöhung und -herabsetzung, Aufnahme weiterer stiller Gesellschafter oder partiarischer Darlehensgeber, Beratungsverträge insbesondere mit Steuerberatern, Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern. Darüber hinaus wurden die gesetzlichen Informations- und Kontrollrechte gemäß 233 HGB auf die Rechte aus 118 HGB und 51a GmbHG ausgedehnt. Außerdem hatte der stille Gesellschafter ein Vetorecht hinsichtlich der Feststellung des Jahresabschlusses. Ihm wurde mindestens eine Verzinsung von 15% auf sein Beteiligungskapital garantiert, auch in Verlustjahren. Am Gewinn war der stille Gesellschafter mit 25% am Verlust mit gleichem prozentualen Anteil allerdings nur bis zur Höhe seiner Einlage beteiligt. Bei der Auflösung der stillen Gesellschaft hatte die Klägerin einen Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens, das nach einer nach dem Ertragswertverfahren berechneten Unternehmensbewertung zu bemessen war. Für den Gesellschaftsvertrag galten qualifizierte Schriftformklauseln, also dass so wohl jeder Vertragsänderung als auch die Änderung der Schriftformklausel wiederum der schriftlichen Form bedarf.
Die Klägerin hat in einem Begleitschreiben vom 9.12.1996 an die GmbH zum Vertragsentwurf deutlich gemacht, dass verschiedene Passagen des Vertrages im Hinblick auf eine gewünschte typische stille Gesellschaft noch zu konkretisieren sind. Dieses Schreiben wurde als kaufmännisches Bestätigungsschreiben bezeichnet und darauf hingewiesen, das die darin enthaltenen Präzisierungen und Änderungen als akzeptiert gelten, wenn von der GmbH kein Widerspruch komme. Das Schreiben blieb von der GmbH unbeantwortet, die schon im Vorfeld klargestellt hatte, dass der Vertragsentwurf nicht verhandelbar sei. 10 Tage später wurde der stille Gesellschaftsvertrag auch unverändert notariell beurkundet. Gleichzeitig wurde der GmbH-Vertrag dahin gehend abgeändert, dass dem stillen Gesellschafter, der Klägerin, ein Sonderrecht zur Bestellung und Abberufung des alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers zugestanden wird. Das Finanzamt nahm eine atypische stille Gesellschaft an, mit der Folge, dass deren Einkünfte einheitlich und gesondert auch für Zwecke der Gewerbesteuer festgesetzt wurden.
Entscheidung
Das Gericht gab dem Finanzamt Recht. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist bei der Frage, ob es sich bei einer stillen Gesellschaft um eine typische oder um eine atypische handelt, auf die Gesamtumstände des Einzelfalles abzustellen. Soll eine atypische stille Gesellschaft angenommen werden, muss der stille Gesellschafter über eine genügend ausgeprägte Unternehmerinitiative verfügen aber auch in einem ausreichenden Ausmaß dem Unternehmerrisiko unterliegen. Das Mitunternehmerrisiko wird dabei regelmäßig durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust wie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich des Geschäftswerts vermittelt. Hinsichtlich der Unternehmerinitiative muss der Kompetenzbereich des atypischen stillen Gesellschafters über denjenigen des typisch stillen in Sinne von § 233 HGB hinausgehen. Dabei kann eine ausgeprägte Unternehmerinitiative ein schwach ausgeprägtes Unternehmerrisiko kompensieren. Das Gericht hat im Streitfall zwar anerkannt, dass das Unternehmerrisiko deshalb schwach ausgeprägt war, weil die klägerische stille Gesellschafterin am Verlust nur bis zur Höhe ihrer Einlage beteiligt war und umgekehrt unabhängig von der Ertragssituation der GmbH - also auch in Verlustjahren - 15% Gewinnbeteiligung erhalten sollte. Diese Aspekte sprachen zwar für eine Einkunftszuordnung zu den Kapitalerträgen. Andererseits war die Unternehmerinitiative der stillen Gesellschafterin so stark ausgeprägt, dass nach Ansicht des Gerichtes die Defizite beim Unternehmerrisiko überkompensiert wurden. Dazu zählte...