Ein Blick auf die jüngere Rechtsprechung
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. (FH) Matthias Ulbrich
Insbesondere in kleineren und mittleren GmbHs, in denen der (Allein-)Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person auch die Geschäftsführung innehat, wird gerne ein Verrechnungskonto genutzt, um Zahlungen, die die GmbH für Rechnung ihres Gesellschafters vorgenommen hat, zu erfassen. Der Beitrag zeigt auf, was zu beachten ist, um das Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen zu vermeiden.
I. Einleitung
Zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter sind Darlehen möglich. Das gilt sowohl für Darlehen eines Gesellschafters an die GmbH als auch umgekehrt. Neben Darlehensverträgen, die über eine feste Laufzeit geschlossen werden, sind in der Praxis regelmäßig sog. Gesellschafterverrechnungskonten vorzufinden, die mit einem Dispo- bzw. Kontokorrentkredit vergleichbar sind (näheres unter II.).
Um den Rahmen des Beitrags nicht zu sprengen, wird er sich auf Gesellschafterverrechnungskonten und dabei wiederum auf solche, die einen Saldo zugunsten der Gesellschaft aufweisen, begrenzen.
II. Einführung Gesellschafterverrechnungskonten
Führt die Kapitalgesellschaft für ihre Gesellschafter, die bei ihr angestellt sind, Verrechnungskonten, von denen sie nach Einbuchung der Gehälter Auszahlungen für private Zwecke der Gesellschafter vornimmt, so liegen in Höhe der die Gehaltsbuchungen übersteigenden Sollbuchungen auf den Verrechnungskonten Kreditgewährungen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter vor.
Für den Darlehenscharakter spricht,
- dass sie von vornherein auf Verrechnungskonten festgehalten werden und
- damit die Rückzahlungsverpflichtung zum Ausdruck gebracht wird.
Ausleihungen, Forderungen und Verbindlichkeiten einer GmbH gegenüber Gesellschaftern sind nach § 42 Abs. 3 GmbHG in der Regel als solche jeweils gesondert auszuweisen oder im Anhang anzugeben. Werden sie unter anderen Posten ausgewiesen, so muss diese Eigenschaft vermerkt werden.
In der heutigen Zeit beschränkt sich die Nutzung des Verrechnungskontos regelmäßig auf
- Zahlungen aus dem Privatvermögen des Gesellschafters für Rechnung der Gesellschaft und
- Zahlungen der Gesellschaft für private Zwecke der Gesellschafter,
ohne dass ein Ausgleich durch Gehaltszahlungen vorgenommen würde. Gelegentlich hat das Auslassen von Tilgungen ein stetiges Anwachsen des Verrechnungskontos zufolge.
Zahlungen einer Kapitalgesellschaft für private Zwecke ihres Gesellschafters sind Kreditgewährung und dann grundsätzlich keine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA), wenn sie
- von vornherein auf einem bei der Gesellschaft für den Gesellschafter geführten Verrechnungskonto festgehalten werden und
- von Anfang an die Darlehensrückzahlung gewollt ist.
Beachten Sie: Gegen die Annahme eines Darlehens spricht nicht, wenn auf den geführten Verrechnungskonten weder Löhne noch Gehälter eingebucht wurden. Allein daraus kann nicht auf eine fehlende Rückzahlungsabsicht geschlossen werden, weil die erhaltenen Kredite auch mit anderen Mitteln zurückgeführt werden können.
III. Einführung vGA
VGA mindern das Einkommen nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG nicht. Zu unterschieden ist zwischen
- "gewöhnlichen" vGA und
- "formellen" vGA zwischen Gesellschaft und beherrschendem Gesellschafter.
1. Gewöhnliche vGA
a) Allgemeines
Eine vGA liegt vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung,
- die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,
- sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG (den Gewinn) auswirkt und
- nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht – mithin keine offene Gewinnausschüttung ist.
- Zudem muss die Minderung des Unterschiedsbetrags i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG geeignet sein, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG auszulösen (sog. Zuflusseignung/Vorteilsgeneigtheit).
b) Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis
Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt vor, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (§ 93 Abs. 1 S. 1 AktG, § 43 Abs. 1 GmbHG, § 34 Abs. 1 S. 1 GenG) die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung gegenüber einer Person, die nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte (Fremdvergleich).
In Darlehensfällen entscheidet sich das Merkmal der Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis nicht nach der Verwendung der Mittel bzw. dem Zweck der Darlehensaufnahme, sondern nach den geschäftlichen Bedingungen der Darlehensvergabe (Verzinsung, Sicherheiten, Rückzahlungsrisiko) nach Maßgabe eines Fremdvergleichs.
Nahestehende Person: Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis kann auch dann gegeben sein, wenn die Vermögensminderung oder verhinderte Vermö...