Früher forderte die Rechtsprechung des BFH für die einkommensteuerrechtliche Anerkennung der „Umwidmung” einer Darlehensschuld zwingend die Zustimmung oder zumindest das stillschweigende Einverständnis des Darlehensgläubigers (vgl. insbesondere BFH, Urteil v. 7. 8. 1990, VIII R 67/88, BStBl 1991 II S. 14). Diese, von Teilen der Literatur heftig kritisierte Auffassung hat der BFH inzwischen zu recht fallengelassen (vgl. erstmals BFH, Urteil v. 7. 3. 1995, VIII R 9/94, BStBl 1995 II S. 697). Das Besprechungsurteil führt diese Linie fort.
M. E. ist es überhaupt mißverständlich, im Zusammenhang mit Refinanzierungsschulden von „Widmung” und „Umwidmung” zu sprechen. Schulden sind einer isolierten „Widmung” oder „Umwidmung” nicht zugänglich . Das folgt daraus, daß nicht die Schuld als solche der Einkünfteerzielung dient, sondern ihr aktiver Gegenwert (z. B. die Darlehensvaluta). Die Verwendung dieses Gegenwerts determiniert also den Charakter der Schuld und den Zusammenhang der Schuldzinsen mit der Einkünfteerzielung. Erfährt dieser Gegenwert eine Zweckänderung, so hat dies automatisch Einfluß auf die Beurteilung der zugrundeliegenden Schuld und die daraus entstehenden Schuldzinsen.
Beispiele:
1. Ein bisher betrieblich genutztes Grundstück wird in das Privatvermögen überführt und künftig zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eingesetzt. Die Grundstücksschulden wandern automatisch mit ins Privatvermögen; die künftig entstehenden Schuldzinsen sind nicht mehr – wie bisher – Betriebsausgaben, sondern Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
2. Das refinanzierte Grundstück wird verkauft (veräußert), der erzielte Veräußerungserlös verzinslich angelegt. Die Darlehensvaluta steckt nunmehr nicht in dem Grundstück, sondern in dem an die Stelle des Grundstücks getretenen Surrogat, d. h. dem Veräußerungserlös. Die künftig entstehenden Schuldzinsen stellen nicht länger Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen dar.
Aus dem Vorgesagten ergibt sich zugleich, daß eine rein gedankliche „Umwidmung” einer Darlehensschuld nicht möglich ist.