Leitsatz
1. Eine Stiftung & Co. KG ist keine gewerblich geprägte Personengesellschaft.
2. Für eine vermögensverwaltende Stiftung & Co. KG, bei der ausschließlich eine Stiftung persönlich haftende Gesellschafterin ist, ist ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG festzustellen.
3. Das Erbschaftsteuerfinanzamt entscheidet, ob eine Wertfeststellung dem Grunde nach erforderlich ist. Dem zur Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 BewG berufenen Finanzamt obliegt die Entscheidung über die Qualifikation des Feststellungsgegenstands nach den Kategorien des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 BewG.
Normenkette
§ 95, § 97, § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 4, Satz 2 BewG, § 12 Abs. 5 und Abs. 6 ErbStG, § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5, § 8 Abs. 2 KStG, § 157 Abs. 2, § 171 Abs. 10 Satz 1, § 179, § 181 Abs. 1 Satz 1, § 182 Abs. 1 Satz 1, § 367 AO, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO, § 80 BGB
Sachverhalt
Die Klägerin zu 3. ist eine Stiftung & Co. KG, deren Gegenstand die Verwaltung eigenen und fremden Vermögens ist. Alleinige Komplementärin und allein zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt und verpflichtet ist eine nach § 80 BGB anerkannte selbstständige Familienstiftung. Alleiniger Kommanditist war der Erblasser. Mit dessen Tod im Jahre 2013 wurden die Kläger zu 1. und 2. durch Sondererbfolge Kommanditisten.
Das für die ErbSt zuständige FA forderte beim beklagten FA, in dessen Zuständigkeitsbereich sich der Sitz der Klägerin zu 3. befand, auf den Todeszeitpunkt des Erblassers eine gesonderte Feststellung für den Wert des Anteils am Betriebsvermögen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG einschließlich der Angaben zu §§ 13a, 13b ErbStG an. Das beklagte FA war der Ansicht, die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG lägen nicht vor. Es nahm deshalb eine Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG vor und teilte dem ErbSt-FA mit, es sei kein begünstigungsfähiger Anteil an einem Betriebsvermögen übergegangen. Einspruch und Klage gegen den Feststellungsbescheid blieben erfolglos (FG Münster, Urteil vom 27.2.2020, 3 K 3593/16 F, Haufe-Index 13855235, EFG 2020, 831).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Kläger zurück. Das beklagte FA sei nicht daran gebunden gewesen, dass das ErbSt-FA eine Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG angefordert hatte, sondern habe selbst zu entscheiden gehabt, ob die Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 4 BewG vorzunehmen sei. Die Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG sei materiell-rechtlich zutreffend, da die Klägerin zu 3. als Stiftung & Co. KG insbesondere keine gewerblich geprägte Personengesellschaft sei, die eine Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG gerechtfertigt hätte. Soweit sie bisher seitens der Finanzverwaltung ertragsteuerrechtlich als Personengesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG behandelt worden sein sollte, binde das im vorliegenden Verfahren nicht.
Hinweis
Der BFH befasst sich im besprochenen Urteil mit der ertrag- und erbschaftsteuerrechtlichen Einordnung einer Stiftung & Co. KG.
1. Die vermögensverwaltende Stiftung & Co. KG ist keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.
a) Nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).
b) Stiftungen sind keine Kapitalgesellschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 KStG zählt die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen auf. Dazu gehören nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG die Kapitalgesellschaften (insbesondere Europäische Gesellschaften, AG, KGaA, GmbH), ferner nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG die nichtrechtsfähigen Vereine, Anstalten, Stiftungen und anderen Zweckvermögen des privaten Rechts. Zwar öffnet § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG den Begriff der Kapitalgesellschaft ("insbesondere"). Der Gesetzgeber meinte damit aber Gesellschaften ohne deutsches oder europäisches Gründungsstatut, die aufgrund eines Typenvergleichs einer Kapitalgesellschaft entsprechen (vgl. BT-Drucks. 16/2710, 30). Ungeachtet der Reichweite der Öffnungsklausel kann § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG Stiftungen zudem schon deshalb nicht erfassen, weil Stiftungen in § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG anderweitig ausdrücklich genannt sind.
c) Der Kapitalgesellschaftsbegriff des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG kann nicht durch normspezifische Auslegung auf Stiftungen erweitert werden. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG wurde geschaffen, um der vormaligen Geprägetheorie des BFH eine gesetzliche Grundlage zu geben.
Ungeachtet der Frage, ob im Rahmen von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ein von § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG abweichendes Begriffsverständnis de...