Prof. Dr. Stefan Müller, Patrick Saile
Rz. 74
Wertpapiere sind handelsrechtlich Vermögensgegenstände und steuerrechtlich Wirtschaftsgüter. Bei ihrer Bewertung ist daher von den Anschaffungskosten auszugehen (§ 253 Abs. 1 Satz 1, HGB; § 255 Abs. 1 HGB; § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG).
Rz. 75
Anschaffungskosten sind der Kaufpreis zuzüglich der Nebenkosten der Anschaffung. Zu den Nebenkosten gehören z. B. Notargebühren, Bankprovisionen, Courtage, Maklergebühr und fremde Spesen. Nicht zu den Anschaffungskosten rechnen Aufwendungen, die der Vorbereitung oder der Entscheidung über den Erwerb dienten (z. B. Kosten eines Bewertungsgutachtens).
Rz. 76
Hauptbestandteil der Anschaffungskosten ist der Kaufpreis oder Rechnungsbetrag. Er ergibt sich im Allgemeinen aus der Eingangsrechnung, bei Wertpapieren in der Regel aus der Bankabrechnung. Bei Neugründungen umfassen die Anschaffungskosten die geleisteten Einlagen sowie die Nebenkosten. Für den Fall, dass keine Anschaffungskosten vorliegen (z. B. Komplementär ohne Einlage), wird der Ansatz eines Merkpostens empfohlen.
Rz. 77
Die Anschaffungskosten sind auch dann anzusetzen, wenn sie überhöht waren oder unter dem Börsenwert lagen. Ggf. sind dann Abschreibungen nötig, um keinen überhöhten Wert auszuweisen. Bei Fremdwährung sind sie am Transaktionstag in Euro umzurechnen. Bei negativem Kaufpreis (Zuzahlung des Veräußerers bei Erwerb einer Beteiligung) ist zunächst zu prüfen, ob die Zuzahlung für eine konkrete Verpflichtung gewährt wurde, was dann zu einer Rückstellung führen dürfte. Sind die Passivierungsvoraussetzungen nicht erfüllt, ist zu prüfen, ob eine selbstständige Leistung des Erwerbers abgegolten wurde oder vor dem Erwerb bestehende Beziehungen abgewickelt wurden, was entsprechend der üblichen Regeln zu erfassen wäre. Ist auch dies nicht gegeben, ist eine Passivierung in einem gesonderter Posten nach dem Eigenkapital vorzunehmen. Die Auflösung des z. B. als "Ausgleichsposten für erhaltene Zuzahlungen auf erworbene Unternehmensanteile" bezeichneten Postens erfolgt dann duch die Erfassung der realisierten Verluste der Beteiligung.
Rz. 78
Gegen Sacheinlagen erworbene Anteile können handelsrechtlich mit dem Buchwert des hingegebenen Vermögensgegenstands, mit dessen Verkehrswert oder mit dem dazwischen liegenden vertraglichen Einbringungswert angesetzt werden, da die Regeln wie für die Bilanzierung von Tauschvorgängen anzuwenden sind.
Rz. 79
Steuerrechtlich ist bei Erwerb gegen Sacheinlagen der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts anzusetzen (§ 6 Abs. 6 Satz 1 EStG).