Das FG München hatte sich in seiner Entscheidung v. 26.10.2022 – 4 K 2345/21, EFG 2023, 285 mit der Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 AO bei Versäumung der Anzeigefrist des § 18 Abs. 3 S. 1 GrEStG durch eine Notarin zu befassen. Aufgrund der versäumten Anzeigefrist lehnte das FA im Streitfall aufgrund der Regelung in § 16 Abs. 5 GrEStG nach § 16 Abs. 2 GrEStG gestellte Anträge auf Nichtfestsetzung von GrESt ab. Einen Wiedereinsetzungsantrag der Notarin wegen versäumter Anzeigefrist nach 3 18 Abs. 3 GrEStG lehnten das FA und nachfolgend auch das FG ab.
Im Streitfall war die Klägerin, eine Notarin, gem. § 18 Abs. 3 GrEStG verpflichtet, dem FA einen Erwerbsvorgang innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Beurkundung anzuzeigen. Die Anzeigeerstattung der Klägerin erfolgte jedoch nicht im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens, da der Anzeigeerstattung durch die Klägerin. keine nach Außen wirkende Tätigkeit des FA in Form eines Verwaltungsaktes zugrunde lag. Vielmehr ergab sich ihre Verpflichtung zur Auskunftserteilung allein aus dem Gesetz.
Sie war auch nicht Beteiligte am Verwaltungsverfahren "Festsetzung der Grunderwerbsteuer". Dass sie vom Ausgang des Verwaltungsverfahrens (Festsetzung der GrESt) gegen den Steuerpflichtigen wegen eventueller Haftungsansprüche betroffen sein könnte, führt nicht zu einer Beteiligtenstellung, denn die Beteiligten am steuerlichen Verwaltungsverfahren sind in § 78 AO abschließend aufgezählt. Entsprechend kommt bei einer Fristversäumung nach Auffassung des FG auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht, da die Klägerin nicht "jemand" i.S.d. § 110 Abs. 1 AO ist.
Beraterhinweis Gegen die Entscheidung des FG wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die beim BFH unter dem Az. II B 96/22 anhängig ist. Auch gegen die im Ergebnis gleich lautende Entscheidung des FG München v. 26.10.2022 – 4 K 2409/21, EFG 2023, 287 wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die beim BFH unter dem Az. II B 92/22 anhängig ist.
In der vorgenannten Entscheidung – 4 K 2409/21 des FG München hat das FG auch eine Wiedereinsetzung bei Versäumung der zweiwöchigen Anzeigefrist nach § 19 Abs. 3 GrEStG durch die Steuerpflichtige verneint. Denn diese hatte im Streitfall trotz Kenntnis ihrer Pflicht zur Anzeigeerstattung gem. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 GrEStG, dem FA den Übertragungsvertrag nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 19 Abs. 3 GrEStG angezeigt. Die Fristversäumung war auch nicht dadurch entschuldbar, dass die Steuerpflichtige wegen der Übersendung eines Scans des Übertragungsvertrages durch die Notarin im Hinblick auf § 21 GrEStG davon ausgegangen war, dass die Notarin ihre Anzeigepflicht bereits ordnungsgemäß erfüllt habe. Denn sie hatte ihre eigenständige Anzeigepflicht als Steuerschuldnerin in der irrigen Annahme bewusst verletzt, die Notarin würde die sie – unabhängig von ihr – treffende Anzeigepflicht schon erfüllen; dies ist nach Auffassung des FG zumindest als fahrlässig, und damit als schuldhaft i.S.d. § 110 Abs. 1 S. 1 AO anzusehen.