1. Fallbasierte Einleitung
Im Grundsatz handelt es sich bei der erb- und schenkungsteuerlichen Begünstigung nicht um eine direkte Begünstigung von Wohnungsunternehmen i.S. einer Steuerbefreiung nur dieser Unternehmensart. Es handelt sich somit exakt gesagt um die Ausnahme der Verhinderung der Versagung einer Steuerbefreiung für die Übertragung von Unternehmen im Allgemeinen. Jedoch wird diese Steuerbefreiung im Detail für solche Unternehmen geöffnet, welche Grundbesitz überwiegend zu Wohnzwecken an Dritte überlassen. Diese Gegenüberstellung erscheint im Ergebnis zunächst gleichlautend. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass die Steuerbefreiung für Unternehmen im Allgemeinen möglich ist und im Grundsatz nicht von der Art der Unternehmenstätigkeit abhängt. Denn die §§ 13a, 13b ErbStG eröffnen letztendlich die Möglichkeit dieser Steuerbefreiung, sofern das zu übertragene Unternehmen oder die zu übertragenen Unternehmensteile als begünstigungsfähig zu identifizieren sind. Letztlich kann – verkürzt ausgedrückt – bei Bestehen des sog. 90 %-Tests das sog. begünstigte Vermögen zu 85 % im Fall der Regelverschonung und zu 100 % im Fall der Optionsverschonung schenkung- bzw. erbschaftsteuerlich befreit übertragen werden (zur Begünstigungsfähigkeit und zur Abgrenzung von Produktivvermögen, begünstigtem Vermögen und schädlichem Verwaltungsvermögen vgl. Juja, ErbStB 2022, 112 ff. m.w.N.).
Abb. 1: § 13b-EStG-Ampel nach enger Auslegung des Produktivvermögens
Quelle: Juja, ErbStB 2022, 112, 113.
In § 13b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ErbStG wird jedoch nicht der Allgemeinbegriff des Unternehmensvermögens (welches auf einer unternehmerischen Tätigkeit basiert) für die Definition des begünstigungsfähigen Vermögens herangezogen, sondern das land- und forstwirtschaftliche Vermögen, das Betriebsvermögen sowie Anteile an Kapitalgesellschaften. Das i.R.v. vermögensverwaltenden (Personen-)Gesellschaften am Markt aufgestellte und agierende Vermögen wird somit noch vor Prüfung der Wohnungsunternehmenseigenschaft grundsätzlich nicht als begünstigungsfähig erachtet. Damit stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber die erb- und schenkungsteuerliche Begünstigung des wirtschaftsrelevanten unternehmerischen Vermögens sowie der Leistungsfähigkeit dieses Vermögens als tatsächliches Ziel vollumfänglich erreicht.
Damit wirkt sich die Ausnahme für vermögensverwaltend aufgestellte Wohnungsunternehmen i.V.m. der (vorherig zu prüfenden) abschließend-eingrenzenden Definition des begünstigungsfähigen Vermögens separierend aus. Im Ergebnis kann nur ertragsteuerlich (i.R.d. Betriebsvermögens) verstrickter Grundbesitz auch i.S.d. §§ 13a, 13b ErbStG erbschaft- und schenkungsteuerlich begünstigt übertragen werden.
Im Nachfolgenden ein kurzer Fallvergleich:
Beispiel 1
Eine Kapitalgesellschaft (Anteil 100 %, Unternehmenswert: 5 Mio. EUR, nachfolgend Wohnmobil-GmbH) vermietet zu 75 % luxuriöse Wohnmobile, welche in ihrer Ausstattung und räumlichen Bauart einer Drei-Zimmerwohnung mit 75 qm gleichzustellen sind. Zu 25 % werden luxuriöse Sportwagen vermietet. Sowohl die Sportwagen als auch die Wohnmobile werden zu einem durchschnittlichen Kaufpreis von 500.000 EUR angeschafft.
Beispiel 2 – Abwandlung zu Beispiel 1
Auch hier vermietet eine Kapitalgesellschaft (Anteil 100 %; Unternehmenswert: 5 Mio. EUR) Vermögensgegenstände. Jedoch werden in diesem Fall statt Wohnmobilen und Sportwagen 301 Wohnungen entgeltlich an Dritte überlassen.
2. Gesetzlicher Wortlaut und Gesetzesbegründung
§ 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 lit. d ErbStG besagt im Wortlaut, dass die Nutzungsüberlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritte nicht als Verwaltungsvermögen zu qualifizieren ist, wenn die überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten zum Betriebsvermögen, zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören (nachfolgend insgesamt vereinfachend Betriebsvermögen genannt) und diese Grundstücke überwiegend zu Wohnzwecken überlassen werden. Der Hauptzweck des Betriebs muss in der Vermietung von Wohnungen i.S.d. § 181 Abs. 9 BewG bestehen.
Beraterhinweis Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können auch weitere gewerblich oder andere nicht zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke nicht als sonstiges Verwaltungsvermögen zu identifizieren und damit unschädlich sein.
Eine imperative Wirkung hat somit die Kategorisierung als Wohnungsunternehmen indem die Vermietung zu Wohnzwecken den Hauptzweck des Unternehmens bildet. Maßstab ist die Summe der Grundbesitzwerte der zu Wohnzwecken vermieteten Grundstücke im Verhältnis zum kumulierten Grundbesitzwert des gesamten Grundbesitzbestandes. Nicht zutreffend für die Anwendung dieser Ausnahme ist die Zugehörigkeit zum Sonderbetriebsvermögen einer Personengesellschaft sowie der gewerbliche Grundstückshandel. Auch eine sog. "Verbundbetrachtung" ist nicht möglich, so dass mittelbar gehaltene Grundstücke (über eine GbR oder über Bruchteilsgemeinschaften) nicht zur Anwendung des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz ...