OFD Koblenz, Verfügung v. 16.11.2012, S 0160 A - St 35 8
Hat die Finanzbehörde zu Unrecht eine Steuer erstattet oder eine Steuervergütung ausgezahlt, so hat sie gegenüber dem Leistungsempfänger einen Rückzahlungsanspruch (§ 37 Abs. 2 Satz 1 AO). Nicht in allen Fällen ist der Empfänger der Steuererstattung oder Steuervergütung (= Zahlungsempfänger) der Leistungsempfänger i.S. der vorgenannten Vorschrift:
- Zahlt das FA aufgrund einer Zahlungsanweisung des Steuerpflichtigen (Erstattungsberechtigten) einen Steuererstattungs- oder Steuervergütungsbetrag an einen Dritten aus (wozu es zwar nicht verpflichtet, aber berechtigt ist; AEAO zu § 80, Nr. 2), so ist Leistungsempfänger nicht der Dritte, sondern der Steuerpflichtige selbst. Ist die Auszahlung ohne rechtlichen Grund erfolgt oder ist der rechtliche Grund dafür später weggefallen, ist deshalb der Erstattungs- oder Vergütungsbetrag nicht von dem Dritten, sondern vom Steuerpflichtigen selbst zurückzufordern (BFH vom 8.4.1986, VII B 128/85, BStBl 1986 II S. 511; AEAO zu § 37, Nr. 2.1).
- Das gleiche gilt, wenn die Erstattung aufgrund eines Verrechnungsvertrages zwischen dem Steuerpflichtigen (Erstattungsberechtigten) und dem FA zugunsten eines Dritten verbucht worden ist (BFH-Urteil vom 12.11.1985, VII R 119/81, BFH/NV 1986 S. 642-644).
- Tritt ein Zahlungsempfänger für den Steuerpflichtigen (= Erstattungs- bzw. Vergütungsberechtigten) lediglich als Vertreter, Bote oder Zahlstelle auf, will das FA auch in diesem Fall die Leistung mit befreiender Wirkung zugunsten des Steuerpflichtigen, nicht des Dritten, bewirken (BFH vom 22.08.80 VI R 102/77, BStBl 1981 II S. 44). Ist die Auszahlung ohne rechtlichen Grund erfolgt oder ist der rechtliche Grund dafür später weggefallen, ist deshalb der Erstattungs- oder Vergütungsbetrag nicht von dem Dritten, sondern vom Steuerpflichtigen selbst zurückzufordern (AEAO zu § 37, Nr. 2.1).
Anders ist es jedoch, wenn der Dritte zwar nach außen hin als Vertreter oder Bote auftritt, in Wirklichkeit aber Strohmann zugunsten einer im Hintergrund bleibenden Person ist. Da ein Strohmann – anders als ein Vertreter oder Bote – im eigenen Namen auftritt, ist er zur Zurückzahlung der ihm ausgezahlten Beträge, die er im Interesse des Hintermannes an sich genommen hat, verpflichtet (BFH vom 22.8.1980, a.a.O.; weitere Beispiele AEAO zu § 37, Nr. 2.1).
- Nach geänderter Rechtsprechung des BFH mit Urteilen vom 10.11.2009, VII R 6/09, BStBl 2010 II S. 255 und vom 22.11.2011, VII R 27/11, BStBl 2012 II S. 167 will das FA mit einer Überweisung auf ein Konto des Steuerpflichtigen bei einer Bank nicht zu Gunsten des Kreditinstituts, sondern mit befreiender Wirkung gegenüber dem Anspruchsberechtigten leisten. Das Kreditinstitut ist daher nicht Leistungsempfänger, sondern lediglich die vom Steuerpflichtigen bezeichnete Zahlstelle, und zwar auch dann, wenn es das Konto vor der Überweisung des Finanzamts gekündigt hat.
Mit BMF-Schreiben vom 15.8.2012, IV A 3 – S 0062/08/10007-14, 2012/0739221, BStBl 2012 I S. 850 wurde daher Nr. 2.1 des AEAO zu § 37 wie folgt ergänzt:
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„Ein Kreditinstitut ist auch dann nur Zahlstelle und nicht Leistungsempfänger im Sinne des § 37 Abs. 2, wenn es den vom FA an den Steuerpflichtigen überwiesenen Betrag auf ein bereits gekündigtes, aber noch nicht abgerechnetes Girokonto des Steuerpflichtigen verbucht und nach Rechnungsabschluss an den früheren Kontoinhaber bzw. dessen Insolvenzverwalter ausgezahlt oder den Überweisungsbetrag mit einem fortbestehenden Schuldensaldo auf dem betreffenden Konto verrechnet hat. Das Kreditinstitut ist in diesen Fällen nicht zur Rückzahlung des vom FA überwiesenen Betrages verpflichtet. |
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Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige dem FA für die Überweisung ein anderes Konto benannt hatte (vgl. BFH-Urteile vom 10.11.2009, VII R 6/09, BStBl 2010 II S. 255 und vom 22.11.2011, VII R 27/11, BStBl 2012 II S. 167). Die Zahlung auf das unzutreffende Konto hat gegenüber dem Steuerpflichtigen zwar – anders, als wenn der Steuerpflichtige dem FA eine Kontoänderung nicht mitgeteilt hat (BFH-Urteil vom 10.11.1987, VII R 171/84, BStBl 1988 II S. 41) – unmittelbar keine Erfüllungswirkung. Das FA kann aber mit seinem Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 Satz 1 (gegen den Steuerpflichtigen als Leistungsempfänger) gegen den Anspruch auf erneute Zahlung aufrechnen und letzteren somit zum Erlöschen bringen.” |
Soweit die Rückforderung nicht im Rahmen der Abrechnung eines geänderten Steuer- bzw. Vergütungsbescheides, sondern durch eigenständigen Rückforderungsbescheid erfolgt, gelten die Ausführungen in Nummern 3 bis 7 der Karte 1 zu § 37 AO entsprechend.
Normenkette
AO 1977 § 37