Prof. Dr. Stefan Müller, Sarah Müller
2.1 Grundlegendes
Rz. 18
Berichtspflichtige Kapitalgesellschaften oder ihnen gleichgestellte Personenhandelsgesellschaften ohne natürlichen Vollhafter haben gemäß § 341t Abs. 1 Satz 1 HGB den Zahlungsbericht jährlich mit sämtlichen Zahlungen an staatliche Stellen im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit in der mineralgewinnenden Industrie oder mit dem Betrieb des Holzeinschlags in Primärwäldern anzugeben, die im Berichtszeitraum getätigt wurden. Im Umkehrschluss werden andere Zahlungen von einer Integration in einen anzufertigenden Zahlungsbericht ausgeschlossen. Eine freiwillige Erweiterung ist insofern unzulässig.
Auch wenn der Gesetzgeber nicht explizit auf einen Gleichlauf mit dem Jahresabschluss hinweist, indem lediglich von "haben jährlich" gesprochen wird, ist ein solcher anzunehmen, da in § 341r Nr. 8 HGB explizit der Berichtszeitraum mit dem Geschäftsjahr gleichgestellt wird. Dies bedeutet dann auch, dass Rumpfgeschäftsjahre einen Zahlungsbericht für ein Rumpfgeschäftsjahr erfordern. Dies wird auch unterstützt durch die Offenlegungsregelungen des § 341w HGB, der explizit auf das Geschäftsjahresende abstellt. Von diesem gerechnet haben die gesetzlichen Vertreter der Kapitalgesellschaft 12 Monate Zeit, um den Zahlungsbericht oder Konzernzahlungsbericht beim Betreiber des Bundesanzeigers elektronisch zur Bekanntmachung einzureichen. Demnach ist auch ein grundsätzlicher Gleichlauf der Offenlegung angestrebt. Die Offenlegungsfrist verkürzt sich für kapitalmarktorientierte Unternehmen und Inlandsemittenten gem. § 116 WpHG allerdings nach § 341w Abs. 1 Satz 2 HGB nur auf 6 Monate, was bei diesen Unternehmen zu einer Abweichung von § 325 Abs. 4 HGB führt, wo lediglich 4 Monate für die Einreichung von Jahres- und Konzernabschluss eingeräumt werden.
2.2 Zu erfassende staatliche Stellen
Rz. 19
Unter staatlichen Stellen im Sinne der Vorschriften zum (Konzern-)Zahlungsbericht sind nach § 341r Abs. 4 HGB nationale, regionale oder lokale Behörden eines Mitgliedstaats, eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder eines Drittlandes zu verstehen. Ferner sind von diesen Behörden kontrollierte Abteilungen oder Agenturen bzw. von diesen kontrollierte Unternehmen unter staatliche Stellen zu subsumieren. Maßgeblich für die Beurteilung einer möglichen Kontrolle ist das Kriterium des beherrschenden Einflusses im Sinne von § 290 HGB (siehe Rz. 12 ff. zu den Beherrschungskriterien des § 290 HGB).
Rz. 20
Das Nachvollziehen von Beherrschungszusammenhängen zwischen Behörden und von diesen kontrollierten Abteilungen oder Agenturen bzw. von diesen kontrollierten Unternehmen dürfte in der Praxis – insbesondere in Drittländern – grundsätzlich zu erheblichen Problemen führen. Die Verknüpfung mit § 290 HGB zwecks Beurteilung einer etwaigen Beherrschung durch eine staatliche Stelle mutet auf den ersten Blick als logische Vereinfachung an; schließlich ist nicht in Abhängigkeit verschiedener lokaler Vorschriften zu beurteilen. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich dieses Vorgehen jedoch als höchst problematisch bzw. als weitere Verschärfung der Beherrschungseinschätzung. Auf Angaben lokaler Behörden oder aus Jahresabschlüssen zu Beherrschungsverhältnissen kann i. d. R. nicht zurückgegriffen werden, da die lokalen Bilanzierungsvorschriften oft abweichende Kriterien anlegen werden. Insofern ist jede Zahlung respektive jeder Zahlungsempfänger einzeln auf Zuordnung zur Gruppe der staatlichen Stellen im Sinne des § 341r Abs. 4 HGB zu überprüfen. Anders als innerhalb eines Konzerns bestehen gegenüber Behörden, Abteilungen oder Agenturen i. d. R. jedoch keinerlei Auskunftsrechte. Gleiches gilt für Unternehmen, die von Behörden (potenziell) beherrscht werden – insbesondere außerhalb der Europäischen Union, da EU-äquivalente Informationsoffenlegungspflichten häufig nicht oder nur in geringem Umfang existieren. Beispielhaft seien etwa US-amerikanische Unternehmen mit weniger als 500/2.000 Aktionären genannt, für die keine Registrierung bei der Securities and Exchange Commission mit einhergehenden Informationsoffenlegungspflichten erforderlich ist.
Rz. 21
In Konsequenz dürfte die Beurteilung in der Praxis mitunter unmöglich sein oder widerspricht zumindest dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit. Eine Befreiungsvorschrift bei faktisch unmöglicher Beherrschungsermittlung – etwa analog zu jener des § 296 Abs. 1 Nr. 2 HGB – ist nicht gegeben. Unklar ist entsprechend, wie zu verfahren ist, wenn für einen Zahlungsempfänger nicht beurteilt werden kann, ob es sich um eine staatliche Stelle i. S. d. § 341r Abs. 4 HGB handelt. Unserer Einschätzung nach ist im Zweifelsfall eine Aufnahme in den Zahlungsbericht zu empfehlen. Zwar dürfen andere Zahlungen gemäß § 341t Abs. 1 Satz 2 HGB nicht in den Zahlungsbericht aufgenommen werden, die mangelnde Regelung/Präzision der handelsrechtlichen Vorschriften wird man berichtenden Unternehmen aber nicht zur Last legen können. Auch ist die Aufnahme möglicherweise nicht umfasster Zahlungen bei Unsicherheit im Vergleich zum Weglassen möglich...